[ROMAN] Wir sind wild und wunderbar von Anita Kelly

Autor*in: Aita Kelly
Übersetzer*in: Christopher Bischoff, Jana Körner
Taschenbuch: 464 Seiten
ISBN: 978-3365005828
Preis: 9,99 EUR (eBook) / 14,00 EUR (Taschenbuch)
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Story:
Sowohl Ben als auch Alexej wandern auf dem Pacific Crest Trail gen Norden – Ben, um mit seinen schlechten Beziehungen und Entscheidungen abzuschließen; Alexej um sein eigenes, schwieriges Coming-Out und den daraus resultierenden Bruch mit seinen Eltern zu verarbeiten. Als die beiden sich auf dem Trail immer wieder begegnen, beschließen sie, zusammen zu wandern. Auf dem Weg durch die raue Wildnis Amerikas kommen sich die beiden näher und erfahren mehr über die Lebensumstände des anderen, was unweigerlich zu der Frage führt, ob sie am Ende des Trails bereit sind für eine gemeinsame Beziehung …

Eigene Meinung:
Mit „Wir sind wild und wunderbar“ legt Harper Collins den zweiten Roman der Autor*in Anita Kelly in deutscher Sprache vor. Die knapp 450-seitige Geschichte um Band und Alexej ist in sich abgeschlossen, gehört aber inhaltlich lose zur „Love & Other Disasters“ Reihe, dessen erster Band „Für jede Liebe ein Problem“ ebenfalls bei Harper Collins erschienen ist und in der die Figuren London und Dahlia einen Gastauftritt haben. Ob der dritte Teil der Reihe „How You Get the Girl“ ebenfalls in deutscher Sprache erscheinen wird, steht noch nicht fest.

Die Geschichte setzt beim ersten Aufeinandertreffen von Alexej und Ben an – ersterer hat gerade mit seiner Wanderung begonnen, während Ben den Trail schon einige Meilen zuvor gestartet hat. Als Leser*in begleitet man die beiden unterschiedlichen Charaktere auf ihrem beschwerlichen Weg den Wanderweg entlang und lernt sie Stück für Stück besser kennen. Während Alexej recht introvertiert ist und viel Zeit braucht, um sich zu öffnen, ist Ben wesentlich lebenslustiger und offenherziger. Da sich beide hervorragend ergänzen, sich aufeinander einstellen können und aus dem jeweils anderen ihre Motivation ziehen, harmonieren sie gut miteinander. Die Liebesgeschichte, die sich zwischen ihnen entwickelt, wirkt authentisch und greifbar – ob man die erotischen Szenen wirklich braucht, um die Geschichte von Alexej und Ben genießen zu können, muss jeder selbst entscheiden, doch im Grunde waren sie nicht notwendig. Auch die Beschreibungen des Wanderwegs und die vielen Gefahren, die damit verbunden sind, wirken realistisch und greifbar – der Pacific Crest Trail ist ein spannendes Setting, dass sich Autor*in Anita Kelly ausgesucht hat, auch wenn er leider ab der Hälfte der Geschichte nicht mehr wirklich zum Tragen kommt, sondern andere Themen im Zentrum stehen. Das ist schade, denn sobald der Fokus vom Wandern weggeht, da sich die Figuren gezwungenermaßen trennen, wird die Geschichte ein wenig langatmig und vorhersehbar. Man wartet nur noch darauf, dass sich Ben und Alexej wiedersehen und ihr Happy End bekommen, was dem Roman spürbar den Schwung nimmt. Es wäre schöner gewesen, den Fokus auf das Wandern beizubehalten, Alexejs Weg noch eindringlicher zu beschreiben, anstatt die Geschichte wie eine Zusammenfassung zu erzählen. So hat man leider den Eindruck, als sei der Trail nicht mehr relevant, sobald Ben nicht mehr bei Alexej ist. Das ist schade, denn der Trail an sich hätte sicherlich noch viel zu bieten gehabt.

Die Figuren sind sehr authentisch und greifbar in Szene gesetzt – Alexej ist hierbei ganz besonders gut gelungen, denn seine autistischen Züge sind sehr gut eingeflochten und kommen eher dezent zum Tragen – Anita Kelly hat mit ihm einen wundervollen, diversen Charakter erschaffen, den man nicht nur gut nachvollziehen kann, sondern der auch ohne die typischen Klischees auskommt. Auch Ben ist eine spannende Figur, die trotz aller Lebensfreude und Offenheit mit einigen Problemen zu kämpfen hat – mit seiner zumeist offenherzigen, direkten Art er ist ein gutes Pendant zu Alexej.
Die Nebenfiguren, ganz besonders die, die ebenfalls auf dem Trail wandern, kommen leider nur am Rande vor und bekommen nur wenig Raum, um sich zu entfalten. Von einigen hätte man gerne mehr erfahren, doch da Alexej fremden Menschen gegenüber eher zurückhaltend ist, erfährt man leider recht wenig.

Stilistisch legt Anita Kelly einen soliden, gut geschriebenen Roman vor, der durch schöne Beschreibungen und realistische Dialoge besticht. Der Fokus liegt klar auf der sich entwickelnden Liebe und Beziehung zwischen Alexej und Ben, ebenso auf den Problemen, der beiden jungen Männer. Das Wandern und der Trail nehmen leider eher eine untergeordnete Rolle ein, wodurch einiges an Potenzial verschenkt wird. Nichtdestotrotz taucht man schnell in die Geschichte ein und bleibt am Ball, auch wenn sich das letzte Drittel ein wenig zieht und nicht mehr so spannend ist, wie der erste Teil des Romans.

Fazit:
„Wir sind wild uns wunderbar“ ist ein gelungener, queerer Roman von Anita Kelly, der durch authentische, glaubhafte Charaktere, ein schönes Setting und eine schöne Sprache besticht. Die Handlung büßt zwar zum Ende hin ein wenig an Tempo ein und man vermisst das eigentliche Setting des Pacific Crest Trail, dennoch versöhnt das Happy End und die Tatsache, dass die Figuren ihren Weg gehen. Wer romantische, queere Liebesgeschichten mag, die authentisch und nachvollziehbar erzählt werden, macht mit „Wir sind wild uns wunderbar nichts falsch. Zu empfehlen.

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