[ROMAN] Sonnenkönig Pechrabe von Kai Spellmeier

Autor*in: Kai Spellmeier
Taschenbuch: 400 Seiten
ISBN: 978-3957612144
Preis: 11,99 EUR (eBook) / 14,00 EUR (Taschenbuch)
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Story:
Dank seines Aussehens und der Vergütung besinnlicher Stunden durch reiche Gönner lebt Edward Arden auch ohne Adelstitel recht komfortabel im London des 19. Jahrhunderts. Zwar bewegt er sich als schwuler Mann stets am Rande Kriminalität, doch er versteht es, sich bedeckt zu halten und Risiken jeglicher Art zu umgehen. Als er Lord Freddy Melville begegnet und dieser ihn für einen Juwelendieb hält, ändert sich vieles, denn obwohl die beiden grundverschiedenen Männer zumeist verbal aneinandergeraten, kommen sie sich unweigerlich näher. Doch ihre Gefühle füreinander bringen sie in Lebensgefahr, denn Homosexualität ist nicht nur ein Verbrechen, es kann mit dem Tode bestraft werden …

Eigene Meinung:
Mit dem Roman „Sonnenkönig Pechrabe“ legt der Lago Verlag den ersten Roman des Autors Kai Spellmeier vor, der vorwiegend als Blogger queerer Literatur bekannt ist. Das Buch erschien im Frühjahr 2022, das Sachbuch „Love, You“ über queere Themen und Coming-Out ist für den Winter 2023 im Lyx Verlag angekündigt.

Die Geschichte von Edward und Freddy spielt zu einer Zeit, in der Homosexualität in England ein Verbrechen war und hart bestraft wurde – dementsprechend schwer haben es schwule Männer in dieser Zeit, insbesondere wenn sie sich verlieben. Für den Lebemann Edward wird dies zunehmend zu einem Problem, als er sich in Lord Melville verliebt und seine Gefühle ebenso stürmisch und leidenschaftlich erwidert werden. Bis es soweit ist lässt sich der Autor jedoch Zeit, denn die Hälfte des Buches handelt vom Kennenlernen der beiden Männer und ihren Wortgefechte, denn es dauert, bis sie erkennen, dass sie mehr füreinander empfinden. Parallel dazu erfährt der Leser mehr über das Leben in London, teils durch rauschende Feste und Bälle, teils durch das harte Leben der einfachen Bevölkerung. Auch die Tatsache, dass Homosexuelle wie Verbrecher behandelt und hingerichtet werden, greift der Autor auf und präsentiert dadurch die Schattenseiten des Lebens, das (vor allem) Edward führt. Er erschafft ein sehr lebendiges und authentisches Bild von London, in das sich die Leser*innen schnell einfinden und gut nachvollziehen können. Auch die kurze, leidenschaftliche Beziehung, die beide eingehen ist sehr gut in Szene gesetzt, auch wenn die expliziteren Szenen nicht unbedingt nötig gewesen wären. Zudem ist auch das Ende gut gewählt, da es zum Buch passt und sich an die Realität hält, auch wenn es sich nicht um ein klassisches Happy End handelt.
Insgesamt legt Kai Spellmeier ein realistisches, historisches Buch vor, bei dem man merkt, das viel Zeit und Arbeit in die Recherche geflossen ist. So greift der Autor auf einige historische Persönlichkeiten und Ereignisse zurück, ebenso präsentiert er ein stimmiges Bild vom damaligen London und verzichtet auf allzu viel Kitsch und ein unglaubwürdiges Ende.

Die Figuren sind schillernde Persönlichkeiten, die den Leser*innen lange im Gedächtnis bleiben. Edward Arden ist ein spannender Charakter mit Ecken und Kanten, der sich ein Leben in London aufgebaut hat und weiß, wie man als schwuler Mann über die Runden kommt und wie man sich in adeligen Kreisen auf Bällen verhält. Er ist der perfekte Gegenpart zu Freddy, dessen Leben als Lord von Geburt an vorbestimmt ist – Verlobung, Hochzeit, Kinder – alles im Einklang mit seiner Stellung als Lord und den gesellschaftlichen Konventionen. Wirkt er zu Beginn verbittert und emotionslos blüht er im Laufe der Geschichte auf und entwickelt sich spürbar weiter. Allerdings ist der Stimmungsumschwung bei ihm fast schon zu extrem, es wäre passender gewesen, wenn er sich seine reservierte, leicht stoische Art bewahrt hätte.
Auch die Nebenfiguren sind sehr authentisch und gut nachvollziehbar in Szene gesetzt – seien es Edwards Freunde im Mollyhaus oder Freddys Familie. Sie alle sind mehr als bloße Staffage, vielmehr möchte man mehr über sie erfahren.

Kai Spellmeier hat einen sehr blumigen, überbordenden Stil, der sich in Beschreibungen und Details verliert und sehr gut zum Inhalt des Buches passt. Er versteht es mit Worten Bilder zu malen und Szenen lebendig zu machen, ohne sich zu sehr in Details zu verlieren. Gerade die Beschreibungen der Umgebungen und Szenen sind sehr gut gelungen und vermitteln ein stimmiges Bild der damaligen Zeit, ebenso die Charakterisierung der Figuren und die Dialoge. Der Autor verfügt über einen gewaltigen Wortschatz und es gelingt ihm beiden Hauptfiguren eine individuelle Sprache zu geben, denn die Geschichte wird wechselnd aus Edwards und Freddys Sicht erzählt.

Fazit:
„Sonnenkönig Pechrabe“ ist ein gelungener historischer Roman, der durch schillernde, authentische Charaktere und einem sprachlich beeindruckenden, sehr detaillierten Schreibstil besticht. Die Geschichte lebt zwar nicht von Action und Spannung, bietet jedoch ein gutes Porträt der damaligen Zeit und kann als historisches Gesellschaftsroman voll und ganz überzeugen. Wer auf der Suche nach realistischen, stimmigen und fesselnd geschriebenen historischen Romanen mit queeren Haupt- und Nebenfiguren ist, wird um das Debüt von Kai Spellmeier nicht herum kommen. Unbedingt reinschauen!

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