[ROMAN] Aristoteles und Dante entdecken die Geheimnisse des Universums von Benjamin Alire Sáenz (Neuauflage)

Autor*in: Benjamin Alire Sáenz
Übersetzer*in: Brigitte Jakobeit 
Hardcover:  384 Seiten
ISBN: 978-3522202909
Preis: 14,99 EUR (eBook) / 18,00 EUR (Hardcover)
Bestellen: Amazon

Story:
Der 15-jährige Mexikaner Aristoteles, kurz Ari, kann nicht gut mit Worten umgehen, wird von Selbstzweifeln geplagt und vermisst seinen Bruder, der im Gefängnis sitzt und den seine Familie totschweigt. Im Gegenzug dazu ist der gleichaltrige Dante offen, selbstsicher, weiß wie man sich ausdrückt und hat eine Vorliebe für Kunst und Poesie. Als sich die beiden unterschiedlichen Jungen im Schwimmbad kennenlernen, entwickelt sich eine ungewöhnliche Freundschaft zwischen ihnen, die nicht einmal abreißt, als Dante für mehrere Monate nach Chicago zieht. Auch die Tatsache, dass Dante homosexuell ist und sich zu Ari hingezogen fühlt, bringt die beiden nicht auseinander – im Gegenteil …

Eigene Meinung:
„Aristoteles und Dante entdecken die Geheimnisse des Universums“ stammt aus der Feder des mexikanischen Autors Benjamin Alire Sáenz, der u. a. Kreatives Schreiben an der texanischen Universität in El Paso unterrichtet, das an der Grenze zu Mexiko liegt und auch Handlungsort des vorliegenden Jugendbuches ist. Das Buch wurde mehrfach ausgezeichnet und für den Deutschen Jugendliteraturpreis und die Shortlist des Buxtehuder Bullen nominiert. Zehn Jahre nach der Veröffentlichung erschien unter dem Titel “Aristoteles und Dante springen in den Strudel des Lebens” die Fortsetzung der Geschichte – beide Bücher sind beim Thienemann Verlag erschienen. Zudem wurde die Geschichte 2022 verfilmt und soll 2023 in die Kinos bzw. den Stream kommen.

Der Roman spielt Ende der 80er Jahre in El Paso, Texas und greift verschiedene, wichtige Themen auf, die der Autor sehr überzeugend in Szene setzt: das Erwachsenwerden zweier Jungen, Homosexualität und die damit einhergehenden Probleme und Vorurteile, Familiengeheimnisse, Nachwirkungen des Vietnamkrieges (Aris Vater ist Kriegsveteran) und Selbstfindung. Glücklicherweise wirkt das Buch an keiner Stelle überladen, da Benjamin Alire Sáenz die meisten Probleme sehr gefühlvoll angeht und sich Zeit lässt, die verschiedenen Themen mal mehr, mal weniger zu umreißen. So braucht Ari sehr lange, um zu begreifen, was er wirklich will, auch seine Eltern machen es ihm nicht leicht, wenn es darum geht langgehütete Familiengeheimnisse offen zu legen. Dafür sind gerade die Gespräche zwischen Ari und Dante sehr lebendig, teils auch überraschend humorvoll. Der Autor weiß, wie man in die Gefühlswelt eines Jugendlichen eintaucht und diese den Leser*innen näher bringt – mal mit kurzen prägnanten Sätzen, mal mit ausführlicheren Beschreibungen. Da das Buch aus Aris Sicht erzählt ist, sieht man die Welt durch seine Augen, erlebt, was er erlebt und lernt ihn dabei kennen. Er betrachtet seine Umgebung eher nüchtern und ist nur selten in der Lage anderen seine Gedanken und Gefühle mitzuteilen. Dies sorgt dafür, dass es kaum Beschreibungen gibt und man sich Aris Welt nur bedingt vorstellen kann, doch es passt zu seiner spröden, unsicheren Natur.

Neben der gut erzählten Geschichte, die vor allem durch wunderschöne, poetische Dialoge und Aris Kampf mit sich selbst besticht, können auch die Charaktere überzeugen. Ari und Dante sind sehr realistisch und verhalten sich wirklich so, wie Jugendliche in dem Alter: mal glücklich, mal leidend, unsicher, widersprüchlich und unberechenbar. Sie stehen an der Schwelle zum Erwachsensein, ohne wirklich zu verstehen, was das bedeutet und ohne etwas gegen die Veränderungen ausrichten zu können, denen sie unterworfen sind.
Ari ist hierbei der stille, zurückgezogene Jugendliche, in dem eine Menge Wut schlummert, die sich gegen alles und jeden richten kann. Er wirkt zerrissen und ziellos, und muss seinen Weg erst noch finden. Im Gegenzug dazu ist Dante offener und lebensfroher, was man an seinen Worten merkt und der Art, wie er mit Problemen umgeht. Natürlich lernt man ihn dank Ari auf eine eher nüchterne Art kennen, doch man schließt ihn ebenso schnell ins Herz, wie den Erzähler der Geschichte.
Neben den beiden Jungs bleiben dem Leser auch die Eltern in Erinnerung, die maßgeblich dazu beitragen, dass die Geschichte zum Ende hin noch die ein oder andere unerwartete Wendung nimmt. Sowohl Dantes Eltern, als auch Aris sind sehr sympathisch du liebenswert, wenngleich natürlich beide Familien mit ihren Dämonen zu kämpfen haben. Besonders Aris Mutter ist eine bemerkenswerte Persönlichkeit, da sie es ist, die Ari den Stoß in die richtige Richtung gibt.

Stilistisch ist „Aristoteles und Dante entdecken die Geheimnisse des Universums“ zu Beginn ein wenig gewöhnungsbedürftig, was an der klaren, schlichten Sprache des Autors liegt. Mit knappen Sätzen, wenig Beschreibungen und kurzen, einfachen Dialogen, gelingt es den Leser*innen nicht sofort einzusteigen. Erst nach einer Weile findet man Zugang zur Geschichte und begreift, warum der Stil so kurz und prägnant gehalten ist: Er entspricht Ari, der sich nicht gut ausdrücken kann und oftmals keine Worte findet. Benjamin Alire Sáenz hat sich seinem Protagonisten komplett angepasst, was dafür sorgt, dass man sich vollkommen in Ari hineinversetzen kann, seine Ängste und Sorgen versteht und die Ereignisse aus seinen Augen sieht.
Dies ist unheimlich gut gelungen, da der Autor Platz für das Wesentliche schafft und sich nicht mit langen Umschreibungen aufhält. Er kommt direkt zur Sache, da die Dialoge das wichtigste Element des Romans sind. Sie vermitteln die Handlung und machen „Aristoteles und Dante entdecken die Geheimnisse des Universums“ zu einem besonderen Jugendbuch.

Fazit:
„Aristoteles und Dante entdecken die Geheimnisse des Universums“ ist ein gelungenes, tiefgründiges und mitreißendes Jugendbuch über Offenheit, Selbstfindung und Akzeptanz, das vor allem durch ausgefeilte Dialoge und eine ruhige, in sich stimmige Geschichte besticht. Benjamin Alire Sáenz ist ein wundervolles Buch über das Erwachsenwerden zweier Jungen gelungen, die unterschiedlicher nicht sein können und doch die Geheimnisse des Universums auf ihre ganz eigene Art entdecken. Der Stil mag recht schlicht sein, doch er passt perfekt zu Ari und lässt ihn dem Leser noch lebendiger erscheinen. Wer ungewöhnliche Jugendbücher zum Thema Homosexualität sucht, sollte sich „Aristoteles und Dante entdecken die Geheimnisse des Universums“ nicht entgehen lassen – es lohnt sich.

rainbowstarrainbowstarrainbowstar width=rainbowstar

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert