Autor*in: Adam Sass
Übersetzer*in: Anja Hansen-Schmidt
Taschenbuch: 368 Seiten
ISBN: 978-3551557797
Preis: 4,99 EUR (eBook) / 16,00 EUR (Taschenbuch)
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Story:
Auf seinem Instagram Account postet der verträumte, schüchterne Micah Summers eine Zeichnung jedes Typen, in der sich verliebt hat und den er nicht nach einem Date gefragt hat. Stolze 99 Crushes hat er schon seinen begeisterten Fans präsentiert – Crush 100 soll nun der einzig Wahre werden; der Junge, mit dem Micah ein märchenhaftes Happy End erlebt. Tatsächlich wirkt die Begegnung mit dem Künstler und Studenten Grant nicht nur magisch, mit Hilfe seiner besten Freundin Hannah und dem stets fröhlichen, optimistischen Elliot macht er Grant ausfindig und die beiden werden ein Paar. Doch ein märchenhaftes Happy End bedeutet nicht automatisch eine glückliche Beziehung bis ans Ende aller Tage, zumal Micah erkennen muss, dass die wahre Liebe auch an anderen Orten zu finden ist …
Eigene Meinung:
Mit „The 99 Boyfriends of Micah Summers“ legt Adam Sass seinen zweiten Roman für jugendliche Leser*innen vor und präsentiert eine romantische, witzige RomCom, die 2022 in den USA erschienen ist. In Deutschland kam der lockerleichte, queere Sommerroman mit dem Originalcover und den enthaltenen Illustrationen bei Carlsen auf den Markt. Die moderne, queere Neuinterpretation von „Cinderella“ steht konträr zu seinem mehrfach prämierten Thriller-Debüt „Kein Paradies für Connor Major“, in dem es um Konversationstherapien queerer Jugendlicher geht.
Die Geschichte wird aus Micahs Sicht erzählt, der von der einzig wahren, großen Liebe träumt und für den der perfekte Partner einem Märchenprinz gleich kommt. Dass er wahnsinnig schüchtern ist, hat viele Gründe – sein Vater ist ein bekannter Sportler, der nicht nur seine eigenen Fernsehsendungen und Shows hat(te), auch die Familie steht fast immer im Rampenlicht, was Micah nicht gefällt. Aus diesem Grund ist sein Instagramaccount anonym, nur seine engsten Freunde wissen, wer sich dahinter versteckt. Als er im Zug Grant kennenlernt und noch bevor sie Nummern tauschen können, wieder verliert, setzt Micah alles daran, Crush 100 zu finden – und tatsächlich scheint Grant der Prinz seiner Träume zu sein. Nach der Offenbarung auf Instagram, weiß jeder über Micah Bescheid, seine Fans feiern ihn und die Medien stürzen sich förmlich auf die Story. Doch ein Leben im Rampenlicht ist nicht das was Micah sich gewünscht hat, zumal Grant die Publicity nutzen möchte, um ein Projekt, an dem er mitarbeitet, zu bewerben.
Adam Sass legt einen romantischen, märchenhaft anmutenden queeren Jugendroman vor, der die Themen Freundschaft, erste Liebe und das Führen der ersten Beziehung in den Fokus rückt. All das unter dem Banner klassische und moderne Märchen, ist Micah doch vernarrt darin ein Happy End zu erleben, wie die Prinzessinnen in seinen liebsten Geschichten. Mitunter wirkt er dadurch etwas weltfremd, da er den Blick für die Realität und alltägliche Probleme verloren hat (was auch daran liegt, dass seine Familie Geld wie Heu hat und er sich keinerlei Gedanken um finanzielle und soziale Dinge machen muss), doch mit der Zeit macht Micah eine spürbare Änderung durch, erkennt er doch, dass da wahre Leben nicht immer ein Märchen sein kann. Auch dass die große erste Liebe nicht zwangsläufig die wahre Liebe ist, muss Micah im Laufe der Geschichte begreifen, denn mit Elliot taucht jemand an seiner Seite auf, der ihn wesentlich besser versteht.
Die Figuren sind liebenswert in Szene gesetzt, wie authentisch und realistisch sie daherkommen, muss jeder selbst entscheiden – Micah wirkt die meiste Zeit etwas arg abgehoben und weltfremd. Seine Probleme kann man zwar nachvollziehen, jedoch nur bedingt ernstnehmen, denn bis auf die Tatsache, dass er keinen Freund hat, führt er ein sorgenfreies Leben. Dadurch wirkt er manchmal etwas egozentrisch, wenngleich er durchaus einen Blick auf die Probleme anderer Menschen hat und mehr als bereit ist, diesen zu helfen.
Seine erste bzw. 100. große Liebe Grant lernt man durch Micahs Augen kennen – ein Student, der Modedesign studiert und an einem Kleid für eine große Modenschau arbeitet. Obwohl Micah viel Zeit mit ihm verbringt, wirkt er recht blass und als Leser*in erfährt man überraschend wenig. Im Gegenzug dazu lernt man Elliot sehr gut kennen – die einzige Person, die realistisch und authentisch wirkt, nachvollziehbare Probleme hat und mit einem liebenswerten Charakter, Verständnis und Offenheit punkten kann. Es verwundert nicht, dass er mit der Zeit in Micahs Fokus rückt.
Die übrigen Charaktere sind teils schrill, teils auf dem Boden geblieben, scheinen jedoch (ähnlich wie Micah) eher Teil der High Society zu sein. Dazu gehört seine beste Freundin Hannah und natürlich Micahs Familie, die zumeist im Rampenlicht steht.
Stilistisch legt der Autor einen solide geschrieben, märchenhaft verträumten Roman vor, der teils stark kitschig und übertrieben daherkommt. Sicherlich passt das zur Hauptfigur, der als Märchenfan jedes Klischee mitnimmt, dass sich anbieten, dennoch wäre manchmal weniger mehr gewesen. Schön ist, dass man Chicago sehr gut kennenlernt, denn die Stadt ist gut gezeichnet, ebenso die Menschen, die darin leben. Auch die märchenhaften Elemente passen insgesamt gut zur Geschichte, die wie eine Neuinterpretation von „Cinderella“ wirkt, samt Kürbis, Kürbiskutsche und der Suche nach dem Prinzen.
Fazit:
„The 99 Boyfriends of Micah Summers“ ist eine gelungene, queere Neuinterpretation des Märchens „Cinderella“, die durch eine etwas kitschige, aber herzerwärmende Liebesgeschichte, witzige, teils schrille Charaktere und einen angenehmen, lockerleichten Schreibstil besticht. Adam Sass legt ein märchenhaftes Wohlfühlbuch für jugendliche Leser*innen vor, in dem es im Freundschaft, Selbstfindung und die Suche nach der ersten, großen Liebe geht. Wer queere Liebesgeschichten mit märchenhaftem Flair und viel Romantik mag, und keine Probleme mit ein bisschen Kitsch hat, sollte einen Blick riskieren.