Autor*in: Alexandra Rowland
Übersetzer*in: Michaela Link
Taschenbuch: 608 Seiten
ISBN: 978-3833244827
Preis: 14,99 EUR (eBook) / 20,00 EUR (Taschenbuch)
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Story:
Kadou Mahisti, Prinz von Arașt, hat sich mit vielen Problemen in seinem Leben herumzuschlagen, seit seine Schwester die Thronerbin zur Welt gebracht hat – er hat mit Angstzuständen zu kämpfen, fühlt sich schnell überfordert und fürchtet den Geliebten seiner Schwester, der ihm entweder mit Verachtung begegnet oder ihn bedroht. Als er sich seinem Kahyalar Tadek anvertraut, kommt es bei einer gemeinsamen Jagd zu einer Katastrophe, die mehreren Menschen das Leben und Tadek seine Stellung als Leibwächter kostet. Um seine Ehre wiederherzustellen, erhält Kadou den Auftrag den Einbruch in die Schiffbauergilde aufzuklären und bekommt dafür einen neuen Kahyalar an die Seite gestellt – den stillen, stoischen Evemer, der nur wenig Sympathie für den Prinzen hegt, hält er ihn doch für gedankenlos und nachlässig. Doch wie sehr der Schein trügt, muss Evemer bei ihren gemeinsamen Nachforschungen erkennen, bei denen sie nicht nur einer Verschwörung auf die Spur kommen, sondern sie einander immer besser kennenlernen …
Eigene Meinung:
Der queere Fantasy-Roman „Der Geschmack von Gold und Eisen“ von Alexandra Rowland erschien erstmals 2022 in den USA, in Deutschland kam die Geschichte von Kadou und Evemer im Winter 2024 bei Panini Books heraus. Der 600-seitige Roman ist in sich abgeschlossen, bietet jedoch Potenzial für Fortsetzungen. Zudem erschien im Januar 2024 mit dem Kurzroman „Tadek and the Princess“ ein Sequel zur Geschichte, in dem Tadek im Zentrum steht. Ob die Bonusgeschichte auch ihren Weg nach Deutschland findet, steht in den Sternen, ebenso ob es weitere Romane gibt, die in der Welt der Mahisti-Dynastie spielen.
Die Geschichte ist in einer fiktiven, arabisch angehauchten Fantasywelt angesiedelt, in der die Macht und die Geschicke des Landes Arașt in den Händen der Sultanin liegen. Neben ihr und der Thronerbin lebt auch Prinz Kadou im Palast, ebenso der leibliche Vater des kleinen, neugeborenen Mädchens und unzählige Kahyalar, die die Rollen von Leibwächtern, Wachen und Beschützern einnehmen. Sie sind der Herrscherfamilie treu ergeben. Umso schwerer wiegt ein Verrat und gerade das wächst sich im Laufe der Geschichte zunehmend zu einem Problem aus, denn je tiefer Kadou in die Verschwörung eintaucht, desto mehr Kahyalar sind darin verstrickt. Alexandra Rowland baut hierbei ihre Geschichte sehr langsam auf und lässt den Figuren viel Zeit, sich kennen zu lernen und mit den Intrigen fertig zu werden, die das Reich erschüttern. Das gibt Leser*innen genügend Zeit, sich mit den Figuren und deren Gedanken und Gefühlen auseinander zu setzen und die Welt kennen zu lernen. Leider zeigt sich hier jedoch schon der erste große Schwachpunkt – so umfangreich das Buch ist, so wenig lernt man die Welt von Kadou und Evemer wirklich kennen. Trotz aller Beschreibungen und fremdartig klingender Begriffe bleibt einem die Welt seltsam fern. Man hat am Ende des Buches nicht den Eindruck, das Land oder die Hauptstadt Arașt wirklich kennengelernt und erlebt zu haben. Das liegt vor allem daran, dass man nichts von dem Volk erfährt, das dort eigentlich lebt. Wenn die Figuren durch die Straßen der Hauptstadt wandern, erfährt man nichts von der Umgebung, den Menschen, die dort leben und dem, was das Leben der einfachen Bevölkerung ausmacht. Sie sind da, ohne wirklich da zu sein. Das ist sehr schade, denn die Welt wäre sicherlich spannend gewesen und hätte der Geschichte viel Atmosphäre verleihen können.
Auch die Handlung schwächelt ab einer gewissen Zeit, da der Fokus sehr stark auf der Beziehung zwischen Kadou und Evemer gelegt wird und die Intrigen, der Einbruch in die Schiffbauergilde und die Falschmünzen, die auftauchen, immer mehr in den Hintergrund treten. Sicherlich ist es auch schön zu sehen, wie sich die beiden Männer näherkommen, mit ihren eigenen Problemen zu kämpfen haben und die Verbundenheit zwischen ihnen wächst, doch gerade zum Ende hin wirken die Ideen der Autorin dann doch ein wenig übertrieben, als würde sie einige Szenen nur erschaffen, um die beiden enger zusammen zu zwingen.
Ein durchweg positiver Aspekt ist die Darstellung von queeren Figuren in der Welt – weder stört sich jemand an der Tatsache, dass es Homosexualität gibt, es ist auch vollkommen normal Figuren, die sich weder als männlich noch als weiblich definieren, mit dem Pronomen çe anzusprechen. Die Pronomen fließen vollkommen natürlich in die Gespräche und Gedanken ein und es gibt keinerlei Hinweise darauf, wie die Figuren optisch aussehen (da die Autorin bei Nebenfiguren auf Beschreibungen verzichtet), so dass man sie beim Lesen nicht automatisch in binäre Schubladen steckt. Es ist selten, dass Nonbinärität so natürlich umgesetzt wird und das Schubladendenken von Leser*innen (das man letztendlich nicht so einfach ablegen kann) vollkommen umgangen wird.
Die Figuren wiederrum sind sehr gut ausgearbeitet – zumindest, wenn sie eine tragende Rolle haben. So lernt man Kadou mit all seinen Stärken und Schwächen sehr gut kennen, und kann sich sehr gut in ihn hineinversetzen. Die Tatsache, dass er mit Panikattacken zu kämpfen hat, passt sehr gut zur Figur – es ist toll, dass Alexandra Rowland dieses Thema anschneidet und in die Geschichte integriert. Auch Evemer kann mit seiner stillen, stoischen Art überzeugen. Er ist ein guter Gegenpol zu Kadou, die beiden ergänzen sich sehr gut. Auch Tadek, der seine Stellung als Kahyalar verliert und fortan Kadous Gefolgsmann ist, ist sympathisch und lockert die Handlung mit seinen Späßen oftmals ein wenig auf.
Die übrigen Figuren sind mal besser, mal schlechter ausgearbeitet – je nachdem wie viel Platz sie im Buch einnehmen.
Stilistisch gibt es wenig zu bemängeln – Alexandra Rowland hat einen sehr schönen, flüssigen und ausschweifenden Stil, der sich jedoch vorwiegend auf die Perspektiven, Eindrücke und Gefühle ihrer Hauptfiguren konzentriert, die die Geschichte abwechseln erzählen. So erfährt man alles über Kadou und Evemer, die im Zentrum stehen und deren persönliche Geschichte stark vorangetrieben wird; aber nur wenig von den restlichen Figuren und der Welt. Teils hätte es der Geschichte gutgetan, einige Passagen zu kürzen – gerade solche, in denen eigentlich viel passiert, man jedoch die Innenwelt von Kadou oder Evemer präsentiert bekommt, was spürbar die Spannung aus der Geschichte nimmt.
Fazit:
Mit „Der Geschmack von Gold und Eisen“ legt Alexandra Rowland ein opulentes, solide geschriebenes Werk vor, dessen große Stärken die Charakterentwicklung ihrer beiden Hauptfiguren und deren Beziehung zueinander ist – wer Slow Burn Romance mag, kann mit dem Buch nichts falsch machen. Auch die Darstellung queerer Figuren in all ihren Facetten ist toll umgesetzt und passt hervorragend in die Rahmengeschichte. Leider schwächelt der Roman beim Weltenbau, den eigentlichen tragenden Handlungselementen und der Spannung, die mit der Zeit spürbar verloren geht. Wen das nicht stört und wer Geschichten mit Fokus auf den Figuren und sich langsam entwickelnden Beziehungen mag, sollte dennoch einen Blick riskieren, denn Alexandra Rowland hat trotzdem ein lesenswertes Buch geschaffen, dessen Hauptcharaktere einem durchaus ans Herz wachsen.