[ROMAN] Die alte Garde von Thomas D. Lee

Autor*in: Thomas D. Lee
Übersetzer*in: Bernhard Kempen
Taschenbuch: 624 Seiten
ISBN: 978-3453322295
Preis: 9,99 EUR (eBook) / 18,00 EUR (Taschenbuch)
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Story:
Der Ökozid hat die Erde an den Rand des Kollaps getrieben, England ist zu einem großen Teil unter Wasser und die Flüchtlingslager für alle aus ihren Häusern vertriebenen Menschen sind überfüllt. In dieser Zeit erwacht Kay, ehemals Ritter der Tafelrunde und Bruder König Arthurs, aufgrund eines Zaubers aus seinem langem Schlaf, um die England und die Menschen zu beschützen. Kurzerhand schließt er sich der jungen Mariam an, die mit ihren Freund*innen den Kampf gegen die reichen Ökosünder aufgenommen hat, die sich auf der Luxusplattform Avalon verschanzen. Doch auch die Reichen sind nicht tatenlos und erwecken Lanzelot, der gegen die Ökoterroristen ins Feld ziehen und die Erweckung Arthurs unwissentlich mit vorantreiben soll. Denn Arthurs Rückkehr ist Teil eines perfiden Plans, der die Welt endgültig ins Chaos stürzen könnte …

Eigene Meinung:
Mit dem Roman „Die alte Garde“ legt der Heyne Verlag den 600 Seiten starken Debütroman von Thomas D. Lee in deutscher Sprache vor. Das Buch wurde mit dem Peters Fraser + Dunlop Prize for Best Fiction für neue LGBTQIA+ Writers ausgezeichnet, zudem beschäftigt sich der Autor in seiner Doktorarbeit mir einer queeren Neuinterpretationen der Artus-Sage. Dementsprechend gibt es viele queere Komponenten in dem ungewöhnlichen Genre-Mix aus Climate Fiction, Fantasy und Science Fiction in Kombination mit der britischen Sagenwelt.

Die Geschichte setzte in einer Welt an, die kurz vor dem Kollaps steht und in der die meisten Länder mit den Auswirkungen der Klimakatastrophe zu kämpfen haben. Kay, der schwarze Ritter der Tafelrunde erwacht unter seinem Baum, nicht zum ersten Mal seit seinem Tod, allerdings ohne, dass er explizit von jemandem gerufen wurde. Er findet sich in einem England wieder, dass viel zu warm ist und in dem die meisten Landstriche entweder ausgetrocknet oder überflutet sind. Das Schicksal führt ihn zu Mariam, die für die Welt kämpfen will, auch wenn einige ihrer Pläne nicht ganz so gut funktionieren, wie geplant. Neben Kay erwacht auch Lanzelot wieder zum Leben – gerufen von dem zwielichtigen Marlow, der mit seiner Gruppe reicher Ökosünder ganz eigene Ziele verfolgt. Auch für Lanzelot hat sich die Welt erschreckend verändert – am Schlimmsten trifft ihn der Verlust seiner großen Liebe Galehaud, dessen Baum gefällt wurde, um eine Taverne zu errichten. Nichtsdestotrotz beginnt er einmal mehr für Marlow zu arbeiten, was Kay und ihn unweigerlich zu Gegnern macht. Es dauert, bis Thomas D. Lee die Schleier lüftet und die verschiedenen mystischen Figuren offenbart, denn nicht nur Kay und Lanzelot sind in der heutigen Zeit erwacht, auch Merlin und Morgana nehmen Einfluss auf die Ereignisse.
Der Autor legt einen spannenden, ungewöhnlichen Genre-Mix aus Near Future, Climate Fiction und alten Legenden vor, der trotz einiger Widersprüche sehr gut funktioniert. Dank einiger Wendungen und vieler Überraschungen wird die Lektüre nie langweilig und bleibt bis zu Ende spannend, auch die mythischen Elemente sind sehr gut eingearbeitet und funktionieren sehr gut in einer Welt, die kaum noch zu retten ist. Der Punkt Klimawandel nimmt einen großen Stellwert ein, was dem Roman eine besondere Tiefe verleiht und zum Nachdenken anregt, insbesondere da die heutige Welt nicht mehr allzu weit von de Welt entfernt ist, die Thomas D. Lee im Buch erschaffen hat.

Die Figuren sind sehr gut ausgearbeitet, haben ihren eigenen Charme und folgen ihren eigenen Zielen. Die Tatsache, dass mit Kay ein farbiger Ritter der Tafelrunde existiert, der auch noch Arthurs Bruder ist, ist genauso glaubwürdig umgesetzt, wie der Fakt, dass Lanzelot schwul war und die Sagen und Legenden über ihn und seine Liebe zu Guinevere nicht stimmen. Beide haben mit der neuen Welt zu kämpfen, auch wenn sie die Annehmlichkeiten durchaus zu schätzen wissen. Auch die normalen Menschen nehmen eine starke Position ein, allen voran Mariam, die während der Geschichte mehrfach über sich hinauswächst und in vielfacher Hinsicht die Helden der Geschichte überflügelt. Wer auf der Suche nach starken Frauen ist, ist mit „Die alte Garde“ gut beraten.

Stilistisch legt Thomas D. Lee einen modern geschrieben, manchmal etwas ausschweifenden Roman vor, der durch tolle, starke Figuren und stimmige Dialoge besticht. Trotz all der Beschreibungen bleiben England mit all seinen Problemen und die zerstörte Welt seltsam blass, teilweise kann man sich die zerstörte oder überflutete Welt nur schwer vorstellen. Man merkt deutlich, dass der Autor den Fokus auf die Hauptfiguren gelegt hat. Dank der wechselnden Perspektiven lernt man die drei Handlungsträger Mariam, Kay und Lanzelot am besten kennen, hin und wieder wird die Geschichte auch aus Sicht anderer Figuren fortgeführt. So ergibt sich trotz einiger Schwächen ein rundes Bild und man kann leicht in den Roman „Die alte Garde“ eintauchen.

Fazit:
„Die alte Garde“ bietet eine faszinierende Mischung aus historischer Sage, Climate Fiction und moderner Fantasy, in der die Artussage auf innovative Weise in die Handlung eingebunden wird. Dank etlicher queerer Komponenten, starken weiblichen Figuren und einer spannenden Rahmenhandlung gelingt es Thomas D. Lee Leser*innen in eine Near Future Welt voller Geheimnisse, Mythen und Legenden zu entführen, die zum Nachdenken anregt, da brandaktuelle Themen wie der Klimawandel, Flüchtlingssituationen und der Kampf gegen den Kapitalismus behandelt werden. Wer ungewöhnliche Genre-Mix mag und Lust auf neue, innovative Fantasy hat, sollte auf jeden Fall einen Blick riskieren.

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