[ROMAN] Das Lied des Blutes von Anthony Ryan

Autor: Anthony Ryan
Hardcover:  775 Seiten
ISBN: 978-3608939255
Preis: 9,99 EUR (eBook) / 24,95 EUR (Hardcover), 15,00 EUR (Taschenbuch)
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Story:
Der berüchtigte Krieger Vaelin al Sorna ist unter vielen Namen bekannt: Rabenschatten, Schwert des Königs, Dunkelklinge und Hoffnungstöter. Letzteren erwirbt er sich beim Kriegszug der vereinigten Königslande gegen das alpiranische Kaiserreich, bei dem er am Ende gefangengesetzt wird und später gegen einen unbezwingbaren Schwertmeister antreten soll. Um über das letzte Duell des Mannes zu berichten, der den Thronerben des alpiranischen Reichs tötete, begleitet ihn der Historiker Vernier, der al Sorna aus tiefstem Herzen hasst. Dennoch kann er seine Neugier nicht bezwingen, als der Krieger ihm anbietet, seine Lebensgeschichte zu erzählen und Vernier erfährt, wie aus einem Jungen von zehn Jahren einer der gefürchtetsten Krieger in der Geschichte wurde …

Eigene Meinung:
Der fulminante Auftakt der Fantasytrilogie “Rabenschatten” ist gleichzeitig das Debüt des Schotten Anthony Ryan. Der zweite Band erschien 2014 unter dem Titel “Tower Lord” in den USA, im Sommer 2015 schloss “Queen of Fire” die Trilogie ab. Die Reihe liegt (inklusive Kurzgeschichten-Band) bei Klett Cotta komplett in deutscher Sprache vor und hat ab dem zweiten Band eine lesbische Hauptfigur (Reva), die für die Geschichte sehr wichtig ist. Zudem ist Vernier eher Männern zugetan, was im Laufe der Geschichte und der Bücher deutlich wird, sprich Anthony Ryan baut einige queere Haupt- und Nebenfiguren ein.

Auf knapp 800 Seiten erzählt er die Geschichte Vaelin al Sornas, der im Alter von zehn Jahren von seinem Vater vor den Toren des sechsten Ordens der vereinigten Königslande abgesetzt wird, um zu lernen den Glauben des Reiches mit Schwert und Blut zu verteidigen. Dementsprechend liegt das Hauptaugenmerk des Autors auf Vaelins Vergangenheit und seiner Entwicklung zu dem Mann, der die Hoffnung und Thronfolger des alpiranischen Kaiserreichs getötet hat. Diese Abschnitte rund um dessen bisheriges Leben machen den Löwenanteil des Buches aus und werden stets mit einem Bericht des Historiker Vernier eingeleitet, der von der Überfahrt zu den Inseln berichtet, auf der Vaelin sich duellieren soll. Diese Rahmenhandlung ist ebenfalls nicht uninteressant, gerade zum Ende hin, als weitere Geheimnisse gelüftet werden und es zum abschließenden Kampf kommt.

Im Laufe der Zeit entfaltet sich dabei die Komplexität der mittelalterlichen Welt, in der Vaelin und seine Freunde leben. Anthony Ryan verzichtet hierbei vollkommen auf andere Rassen – Elfen, Zwerge oder Orks sucht man vergeblich, Magie kommt nur am Rande in sehr dezenter Form vor, da sie als “Dunkle Gabe” eher gefürchtet wird. Auch Vaelin ist eine solche Gabe zu eigen – das Lied des Blutes, das ihn leitet und unterstützt, und das ihn zu einem der stärksten Krieger macht, die es auf der Welt gibt.

Neben Vaelins Heranwachsen, seinem Kampf ums Überleben innerhalb des sechsten Ordens und den Kriegszügen, in die er vom König des Nordreiches entsendet wird, geht es um die politische Intrigen, Ränkespiele und weitreichende Geheimnisse, die nicht nur seinen Glauben erschüttern, sondern die Welt in Chaos versinken lassen könnten. Daher wird der Handlungsbogen mit dem geheimnisvollen siebten Orden, der sich vor Jahrhunderten den Rätseln der Dunklen Gabe widmete, in “Das Lied des Blutes” lediglich angeschnitten und in den folgenden Romanen fortsetzt. Ebenso verhält es sich mit dem unsichtbaren Gegner, der am Ende des Romans einen kurzen Auftritt hat und mehr Fragen aufwirft als beantwortet.

Neben der aufwendigen, komplexen und logischen Welt, sind die Charaktere ein großer Pluspunkt. Vaelin al Sorna ist in sich logisch aufgebaut, gut nachvollziehbar und trotz seiner kriegerischen Prämisse sympathisch. Das liegt vor allem daran, dass Anthony Ryan versucht seinen Charakter tiefgründiger darzustellen, seine Entwicklung zu erklären und seine recht friedliebende, gerechte Natur zu unterstreichen. Dass Vaelin scheitert, liegt zumeist an der Raffinesse und Skrupellosigkeit seiner Gegner, den politischen Intrigen und der Rachsucht der Hinterbliebenen seiner Opfer. Er wird in eine Rolle gezwungen, aus der er nicht ausbrechen kann.

Auch die vielen Nebenfiguren, die Vaelin im Laufe seines Lebens begegnen und ein Stück weit begleiten, sind sehr gut ausgearbeitet und passen in das mittelalterliche Setting. Seien es seine Ordensbrüder, die mit ihm lernen und kämpfen, die Brüder und Schwestern der übrigen Orden des Nordreiches oder die vielen Herrscher, Gegner und Feinde, mit denen er es zu tun bekommt – sie wirken authentisch, lebendig und handeln in sich schlüssig. Einigen dieser Figuren schenkt der Autor mehr Aufmerksamkeit, sie entwickeln sich parallel zu Vaelin weiter und haben ihre festen Rollen im Geschehen, andere tauchen nur am Rand auf und sind Teil der Rahmenhandlung.

Stilistisch legt Anthony Ryan ein fantastisches, spannendes und mitreißendes Epos vor, in das man schnell eintauchen und mitfiebern kann. Der Autor hat einen packenden, flüssigen Stil, der sich sehr gut lesen und Vaelins Welt lebendig werden lässt. Ihm gelingen sowohl Action- und Kampfszenen, als auch Umgebungsbeschreibungen, Dialoge und komplexe Intrigen. Auch der Sprung zwischen Ich-Perspektive (Verniers Berichte) und der Erzählung aus der dritten Person (Vaelins Vergangenheit) ist gut gelungen, seine direkte, unverblümte Sprache passend für die mittelalterliche Welt. Daher sieht man gerne über einige Längen hinweg, die sich immer wieder einschleichen.

Fazit:
“Das Lied des Blutes” ist ein spannender, lesenswerter Auftakt der “Rabenschatten”-Trilogie, der das Herz eines jeden Fantasy-Fans höher schlagen lässt. Anthony Ryan entspinnt eine komplexe, tiefgründige Geschichte mit authentischen, sympathischen Charakteren und einer Fantasywelt, die gänzlich ohne die klischeehaften Rassen auskommt. Dank seines packenden Schreibstils und der vielen Wendungen, kann man “Das Lied des Blutes” nur schwer aus der Hand legen und sehnt nach dem Ende die Fortsetzung herbei. Fans queerer Literatur werden in der “Rabenschatten”-Trilogie zumindest einige schwule und lesbische Figuren finden, die mal mehr mal weniger starke Handlungsträger sind. Wer auf der Suche nach neuen Stimmen der Fantasy ist, sollte sich Anthony Ryans Debüt nicht entgehen lassen – es lohnt sich.

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