[ROMAN] Ein einziger Kuss von Levia Ortega

Autor: Levia Ortega
Taschenbuch:276 Seiten
ISBN: 978-1530447251
Preis: 6,99 EUR (eBook) / 12,99 EUR (Taschenbuch)
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Story:
Über zwanzig Jahre hat sich Abigail dem strengen Regimes ihrer Mutter und des Pfarrers der kleinen Stadt Leadville unterworfen – sie hat einen Mann, eine Tochter und führt ein frommes Leben, ganz im Sinne der Kirche. Dabei hat sie sich als Teenager einst in die junge Harper verliebt, die ihre Gefühle sogar erwidert hat. Dennoch war eine Beziehung zwischen den beiden Mädchen unmöglich. Als nun Harpers Großmutter stirbt und die offene, selbstsichere junge Innenarchitektin nach Leadville zurückkehrt, um die Beerdigung zu organisieren, reißen nicht nur alte Wunden auf. Es ist auch die letzte Chance für Harper und Abigail einen Schlussstrich zu ziehen, oder trotz der Konventionen und mittelalterlich anmutenden Gesetze der Kirche neu anzufangen …

Eigene Meinung:
Das lesbische Drama „Ein einziger Kuss“ stammt aus der Feder der Autorin Levia Ortega, die bereits mehrere Romane mit lesbischen Figuren auf den Markt gebracht hat. Im vorliegenden Buch widmet sie sich dem Thema Kirche, Glauben und Homosexualität, und zeigt Probleme extrem konservativer Menschen auf und ihre Engstirnigkeit hinsichtlich Andersdenkender bzw. Andersfühlender.

Die Geschichte wechselt zwischen Abigail und Harper hin und her – mitunter wechseln die Perspektiven auch zwischen anderen agierenden Personen, wie zum Beispiel Harpers Tochter Naomi oder ihrem Mann David. Zudem wird die Vergangenheit der beiden Frauen in einigen Abschnitten dargestellt, so dass der Leser auch einen Einblick dahingehend bekommt, wie sich die Beziehung zwischen den beiden Jugendlichen entwickelte. Dennoch liegt der Schwerpunkt auf dem gegenwärtigen Handlungsstrang, in dem beide mit ihrer Vergangenheit konfrontiert werden. In diesem Zusammenhang geht die Autorin stark auf die Kirche und den Glauben ein, der mitunter extreme Stilblüten treibt und aufzeigt, wie extrem einige Menschen sind und wie stark sie ihr Leben nach den Worten der Bibel ausrichten. Dabei wird die Kirche glücklicherweise nicht vollkommen verteufelt – die Autorin setzt sich kritisch mit dem Thema auseinander und zeigt auf, dass die extreme Auslegung vielfach ein Problem darstellt.
Das Ende geht leider ein bisschen zu glatt und schnell, ganz besonders, weil viele Dinge, die Abigail betreffen nur noch zusammengefasst werden (z. B. die Gespräche mit ihrer Familie und ihren Freunden) und nur noch erzählt werden, um alle offenen Punkte zu einem befriedigenden Schluss zusammen zu führen. Das trifft leider auf viele Passagen des Romans zu – Levia Ortega fasst Gespräche und Ereignisse zusammen und konzentriert sich nur auf die beiden Hauptfiguren und ihre Probleme miteinander. Gerade am Anfang fällt dies auf, als man Harper kennenlernt – ein ganzes Kapitel wird ihrem Leben gewidmet, komplett zusammengefasst wie ein riesiger Info-Dump. Vieles davon ist für die Geschichte irrelevant, die wichtigen Punkte hätten durchaus in die aktive Handlung eingewoben werden können. Das macht den Roman leider immer wieder langatmig und nimmt deutlich Schwung aus der Geschichte.

Die Figuren sind dafür durchaus lebensnah gezeichnet und gut nachvollziehbar. Man kann sowohl Abigails Verhalten, als auch ihre Gedanken und Gefühle nachvollziehen. Auch Harper wird gut und passend in Szene gesetzt. Beide Frauen wurden durch die Ereignisse in ihrer Jugend tief verletzt, allerdings hatte Abigail nicht den Mut und die Kraft sich gegen ihr Elternhaus und ihre strenggläubige Mutter zur Wehr zu setzen. Harper wiederrum hat Probleme damit, Vertrauen zu fassen und Abigail eine zweite Chance zu geben, denn für sie bedeutet die Rückkehr nach Leadsville, sich mit allem auseinanderzusetzen, was in ihrer Jugend passiert ist.
Sehr sympathisch sind die Nebenfiguren, allen voran die offene und direkte Naomi (auch wenn man bei ihr nur schwer nachvollziehen kann, warum sie nichts von dem strengen Glauben ihrer Großmutter mitbekommen hat); ebenso Harpers beste Freundin Maddy, die ihr eine wirkliche Stütze ist und in manchen Dingen so etwas wie ihr Gewissen. Die Männer kommen leider nur am Rande zum Tragen – David kommt nur am Anfang zu Wort und ist dann seltsamerweise die meiste Zeit verschwunden, Abigails Schulfreund Jim bietet zwar eine tolle Basis für mehr, bleibt jedoch leider ebenfalls recht farblos.

Stilistisch ist „Ein einziger Kuss“ nicht schlecht – Levia Ortega hat einen soliden Stil mit einem Hang zu Beschreibungen, gerade wenn es um Zusammenfassungen und Beschreibungen geht. Mitunter verliert man dadurch aber den Kontakt zu den Figuren – oftmals wird einfach zu viel, zu detailreich zusammengefasst, so dass man die eigentliche Handlung aus den Augen verliert. Zudem verwirren die Perspektivsprünge, gerade wenn zu einem Nebencharakter gehüpft wird, dessen Sichtweise in diesem Moment eher uninteressant ist. Nichtsdestotrotz bekommt man einen guten Einblick in die Gefühlswelten der Charaktere, denn auch diese werden sehr ausführlich dargestellt.

Fazit:
„Ein einziger Kuss“ ist ein gelungenes lesbisches Drama, das durch gut nachvollziehbare Charaktere besticht und eine ernste Thematik zur Sprache bringt. Hin und wieder bricht die Autorin zwar aus der Handlung aus und verliert sich in Nebensächlichkeiten und unnötigen Zusammenfassungen, doch die Kerngeschichte ist durchaus spannend und kommt mit einer guten Botschaft daher. Wer vor ernsten, kritischen Themen nicht zurückschreckt und Stoff zum Nachdenken sucht, sollte einen Blick riskieren – wer es lockerer, leichter und witziger mag, sollte eher zu „Indianer im Kopf“ greifen, das sich einer ähnlichen Thematik widmet. Reinschauen!

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