[ROMAN] Der Schwarze Flamingo von Dean Atta

 

Autor*in: Dean Atta
Übersetzer*in: Olaide E. Frank
Hardcover:  370 Seiten
ISBN: 978-3949315268
Preis: 22,00 EUR (Hardcover)
Bestellen: Amzon

Story:
Michael wächst als Sohn eines farbigen Vaters und einer weißer Mutter mitten in London auf. Schon von klein auf fühlt er anders und scheint nirgendwo dazuzugehören – dem jamaikanischen Familienzweig ist er zu weiß, seiner griechisch-zypriotischen Familie nicht griechisch genug. Als er älter wird entdeckt er nicht nur, dass er sich zu Männern hingezogen fühlt, er findet auch Erfüllung in der Drag Society – dort kann er nicht nur zeigen, was in ihm steckt, sondern auch das ausleben, was sich für ihn richtig anfühlt. Als Schwarzer Flamingo erfindet er sich selbst neu und erkennt, in welche Richtung sein Leben führt …

Eigene Meinung:
Mit „Der Schwarze Flamingo“ erschien Dean Attas prämierter und hochgelobter Versroman im Sommer 2023 beim Katalyst Verlag in Deutschland. Der Autor konnte mit seinen Versend, Gedichten und Gedichtbänden bereits etliche Preise abräumen und ist in vielfacher Hinsicht in der queeren Community Groß-Britanniens bekannt.

Die Geschichte setzt bereits bei Michaels früher Kindheit an und wird den Leser*innen in kurzen, prägnanten Versen nahegebracht. Man begleitet die Hauptfigur bei den wichtigsten Stationen seines jungen Lebens – seiner Kindheit als Sohn einer alleinerziehenden Mutter, bis er ein Geschwisterchen bekommt, seiner Jugend, während der er erkennt, dass ihn Jungs eher ansprechen als Mädchen und seiner Zeit als Student, wo er erstmals mit Drag Queens in Berührung kommt und herausfindet, wohin er gehört und in welche Richtung er sich entwickeln möchte. Der Autor nutzt für die Szenen und Ereignisse vorwiegend Verse – mal kürzer, mal länger; mal eindringlicher, mal lockerer. Dass Dean Atta wahrscheinlich einige biografische Erlebnisse mit eingewoben hat, dürfte wahrscheinlich sein, denn Michael entspricht dem Autor in vielen Punkten, wenn man sich dessen Biografie zu Gemüte führt.
Als Leser*in ist man hautnah dabei und erlebt Michaels Höhen und Tiefen, seine Ängste und Sorgen und all die Probleme, mit denen er aufgrund seiner Herkunft zu kämpfen hat. Man ist dabei, wenn er sich weiterentwickelt, seinen Weg findet und erkennt, in welche Richtung er gehen möchte. Passend zu den Kapiteln in Versform, ist auch das Buch gestaltet – die Illustrationen von Anshika Khullar geben den Worten eine zusätzliche Dimension, denn sie passen zu den Beschreibungen des Autors und ergänzen mitunter die Geschichte. Die gesamte Aufmachung des Buches ist sehr gelungen, denn nicht nur die Texte entfalten eine entsprechende Wucht, auch die Zeichnungen können die Aussagekraft der Verse unterstreichen.

Die Figuren sind, trotz der Kürze der Texte, sehr gut ausgearbeitet – man lernt sowohl Michael, als auch seine Familie (allen voran seine Mutter) sehr gut kennen. Michael ist ein spannender Hauptcharakter, der in mehrfacher Hinsicht zwischen den Stühlen steht und erst erkennen muss, wer er wirklich ist und zu wem er sich zugehörig fühlt. Die Menschen, die ihn auf seiner Reise begleiten lernt man mal mehr mal weniger gut kennen, doch immer wirken sie realistisch und authentisch. „Der Schwarze Flamingo“ spricht zudem auch wichtige Themen wie Rassismus und Homophobie an, denn Michaels Leben wird immer wieder davon berührt.

Stilistisch muss man sich auf einen Roman im Versstil einstellen, sprich Leser*innen erwartet kein klassisch belletristischer Text mit vielen Ausschmückungen und Beschreibungen. Stattdessen konzentriert sich Dean Atta auf die wichtigsten Eckpunkte und Dialoge, um Michaels Leben und Werdegang zu beleuchten. Die Sätze sind kurz und prägnant, man findet nur wenige Beschreibungen. Auch die Dialoge sind eher überschaubar gehalten und auf die Essenz heruntergebrochen. In vielen Punkten muss man zwischen den Zeilen lesen, um die versteckten Botschaften zu verstehen, die der Autor in die Kapitel hineingewoben hat. Ist man dazu bereit, erwartet die*den Leser*in ein gelungener, sehr komplexer Versroman, den man nicht so schnell aus der Hand legen wird und den man an einem gemütlichen Sonntag durchlesen kann.

Fazit:
„Der Schwarze Flamingo“ ist ein gelungener, authentischer Versroman, der durch eine schöne Geschichte, sympathische und greifbare Figuren und einen sehr prägnanten, passenden Schreibstil besticht. Dean Attas Buch ist ein kleines Kunstwerk, das sich nicht nur stilistisch, sondern auch grafisch auf der breiten Masse hervorhebt und aufgrund der angesprochenen Themen unbedingt zu empfehlen ist. Wer Lust hat, sich an etwas Neues zu wagen und keine Scheu vor dem Versstil hat, sollte auf jeden Fall einen Blick riskieren – „Der Schwarze Flamingo“ verspricht tolle Lesestunden und viel Stoff zum Nachdenken. Zu empfehlen!

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