[ROMAN] Café Con Lychee von Emery Lee

Autor*in: Emery Lee
Übersetzer*in: Elena Helfrecht
Taschenbuch: 352 Seiten
ISBN: 978-3987431203
Preis: 10,99 EUR (eBook) / 16,00 EUR (Taschenbuch)
Bestellen: Amazon

Story:
Theo Mori und Gabriel Moreno können sich schon familienbedingt nicht leiten, denn ihre Eltern betreiben jeweils ein Café, das nahezu täglich um die wenigen Kunden wirbt, die es in Vermint gibt. Als mit dem „Fusion-Café“ en weiterer Konkurrent auf den Markt drängt, bangen plötzlich beide Familien um ihre Existenz. Für Gabi, der seine wahren Träume nicht ausleben kann, ist das Café das Einzige, das ihm etwas bedeutet – für Theo bedeutet das Café eine gesicherte Zukunft seiner Eltern, um irgendwann die Stadt zu verlassen. Kurzerhand schließen sich Gabi und Theo zusammen und beginnen heimlich einen Snack-Verkauf in der Schule, um die Existenz der beiden Geschäfte zu sichern. Und während sie zusammen kochen und neues ausprobieren, kommen sie sich unweigerlich näher und lernen ihren Rivalen besser kennen, als ihnen lieb ist …

Eigene Meinung:
Das Jugendbuch „Café Con Lychee“ stammt aus der Feder der Autorin Emery Lee, die mit ihrem queeren Roman „Meet Cute Diary“ den Durchbruch schaffte. Die Geschichte um Theo und Gabi bedient den beliebten „Enemy-to-Lover“ Trope und erschien erstmals im Frühjahr 2022 in den USA. Die deutsche Ausgabe kam knapp 2 Jahre später bei CroCu auf den Markt.

Die Geschichte entführt Leser*innen nach Vermont, wo sowohl die Familie Mori mit ihrem asiatisch-amerikanischen Restaurant ums Überleben kämpfen als auch die Familie Morino mit ihrem puerto-ricanischen Café. Allen deswegen können sich Theo und Gabi nicht leiden, wobei auch die Tatsache eine Rolle spielt, dass beide Mitglieder im Fußballteam sind, wo Gabi noch erst recht mit Theo aneckt. Die Idee gemeinsam mittels eines geheimen Snack-Verkaufs an der Schule die beiden Restaurants zu retten, als ein neues, hippes Café in der Stadt eröffnet, bietet die passende Grundlage, um die eigentliche Geschichte voranzutreiben. Dabei spielen die beiden Restaurants der Familien eher eine untergeordnete Rolle, stattdessen konzentriert sich die Autorin darauf, die Beziehung der beiden weiterzuentwickeln und sie charakterlich reifen zu lassen. Theo wirkt verbittert und mürrisch – sein Weg besteht darin mit sich selbst und seiner Familie ins Reine zu kommen, und zu lernen, dass seine Wahrnehmung nicht unbedingt der Realität entspricht. Für Gabi ist der Weg etwas holpriger, denn seine Schüchternheit und Tollpatschigkeit sorgt dafür, dass er selten sagt, was er denkt und noch weniger zeigt, was ihm wichtig ist. So hält er seine Homosexualität vor seinen Eltern geheim, ebenso die Dinge, die ihm wirklich etwas bedeuten.
Die Autorin greift viele Themen auf, die sie mal tiefgängiger, mal etwas oberflächlicher behandelt. Der Fokus liegt klar auf der Charakterentwicklung der beiden Hauptfiguren, alles andere wird eher am Rande behandelt – Gabis Vorliebe fürs Ballett, Theos Probleme mit seinem Bruder, Gabis Coming-Out und seine Ängste, selbst auf die Beziehung der beiden wird kaum eingegangen, denn so wirklich nachvollziehen kann man nicht, warum die beiden überhaupt zusammenkommen – das typische Knistern fehlt, zudem hat man nicht den Eindruck, dass die beiden ein gutes Paar abgeben. Hinzukommen die kulturellen Unterschiede und Probleme, die teils aufgegriffen werden, aber nur an der Oberfläche kratzen. Insgesamt hätte es dem Buch gutgetan, wenn man einige der Themen und Tropes weggelassen hätte, denn die Geschichte wirkt recht vollgestopft.

Die Figuren sind gut nachvollziehbar, wenngleich es zu Beginn schwer fällt Sympathien für Theo zu hegen – er ist zu brüsk, zu verletzend und zu egozentrisch. Sicherlich ändert er sich im Laufe der zeit, doch warum er Gabi hasst und verachtet, kann man nur schwer nachvollziehen. Gabi wiederum wirkt wie der typische Außenseiter, auf dem alle herumhacken – seine Eltern, seine Freunde und Bekannten. Sie meiste Zeit hat man Mitleid mit ihm und versteht nur bedingt, warum er so treu zu seinen Freund*innen hält. Diese sind nämlich absolut furchtbar – seine beste Freundin ist eine der schlimmsten und unangenehmsten Figuren, die man sich vorstellen kann – egoistisch, verletzend, arrogant und ungemein herablassend. Wenn man so eine Person an seiner Seite hat, braucht man wahrlich keine Feinde mehr. Auch sonst sind die Nebenfiguren zumeist alles andere als unterstützend und sympathisch, sondern wirken eher die Menschen, die nur an sich selbst denken.

Stilistisch lässt sich „Café Con Lychee“ gut lesen – Emery Lee hat einen schönen, flüssigen Stil, der zur Geschichte und den Figuren passt, auch wenn man ein wenig die engere Bindung zu den Figuren vermisst. Die Handlung wird abwechselnd aus Gabis und Theos Sicht erzählt, so dass man die beiden Teenager halbwegs gut kennenlernt, jedoch hat man nie den Eindruck, sich wirklich gänzlich auf sie einlassen zu können. Sie bleiben Leser*innen immer ein wenig fremd, was vor allem daran liegt, dass man ihre Gedanken und Gefühle nur teilweise nachvollziehen kann.

Fazit:
Insgesamt bietet das Jugendbuch „Café Con Lychee“ schöne Lesestunden und kann mit einer stimmigen, nachvollziehbaren Charakterentwicklung der beiden Hauptfiguren, sowie einem angenehmen Schreibstil punkten. Leider überlasten die übrigen Themen und Tropes die Geschichte und können ihre Wirkung nur schwer entfalten – es wäre schöner gewesen, wenn Emery Lee sich auf einige wenige Punkte konzentriert hätte, insbesondere auf die wachsende Beziehung von Theo und Gabi, denn diese lässt sich nur schwer nachvollziehen.
Wer Jugendbücher mit kulturellem Hintergrund und starker Charakterentwicklung mag, sollte einen Blick riskieren, wer Bücher mit Fokus auf der Liebesgeschichte sucht, wird leider nicht glücklich werden, denn das typische Knistern sucht man leider vergeblich.

rainbowstarrainbowstarrainbowstarrainbowstarrainbowstar_grey

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert