Autor*innen: Elena Malisowa und Katerina Silwanowa
Übersetzer*in: Jennie Seitz
Taschenbuch: 544 Seiten
ISBN: 978-3764508708
Preis: 14,99 EUR (eBook) / 17,00 EUR (Taschenbuch)
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Story:
Früh bemerkt Wolodja, dass er mit Mädchen nichts anfangen kann und sein Herz eher an Jungs verliert – in der Sowjetunion der 80er Jahre ein Problem, denn wenn es nicht totgeschwiegen wird, wird es als Krankheit angesehen. Als er in einem Ferienlager Jura trifft und lieben lernt, stürzt ihn das in eine Menge Probleme, insbesondere als der Sommer vorbei ist und sein Leen an der Uni und später in der Firma seines Vaters weitergeht. Während Jura mit seiner Familie den Weg nach Deutschland schafft und dort wesentlich freier heranwächst, ist Wolodja in einem Land, das Menschen wie ihn hasst und verachtet. Jahre lang versucht er seine Natur zu verstecken und zu heilen, doch dies ebnet nur den Weg für viele psychische Probleme. Und als sich die beiden 20 Jahre später wiedertreffen, stellt sich die Frage, ob ihre Gefühle füreinander stark genug sind …
Eigene Meinung:
Mit dem Buch „Du und ich und die Schwalben“ setzt das russisch-ukrainische Autorenduo Katerina Silwanowa und Elena Malisowa die Geschichte um Jura und Wolodja fort. Der erste Band „Du und ich und der Sommer“ wurde trotz Verboten des politischen Russlands zu einem Bestseller und zwang die Autorinnen infolge der Einstufung des Romans als „LGBTQ-Propaganda“ zur Flucht. Im November 2024 erschien der Abschlussband „Du und ich für immer“ im Blanvalet Verlag.
Die Geschichte greift im ersten Drittel des Romans die Erzählung des ersten Bandes auf und gibt einen Einblick in die Ereignisse im Ferienlager aus Wolodjas Sicht. Man lernt einen zutiefst verunsicherten Menschen kennen, der unter massiven Ängsten leidet und sich als schwuler Mann nur schwer akzeptieren kann. Juras Annäherungen nachzugeben, kostet ihn nicht nur Kraft, immer ist er mit der Angst verbunden, entdeckt und verurteilt zu werden. Aus diesem Grund entwickelt er immer mehr den Hang sich zu verletzen – etwas, was ihn sein Leben lang begleitet. Die Autorinnen beleuchten sein Leben sehr intensiv und schonungslos ehrlich, man lernt einen gebrochenen jungen Mann kennen, der sich sein Leben lang selbst hasst und verleugnet, belügt und seine wahre Natur im Schatten auslebt. Sei es seine Beziehung mit einer Frau, für die er eher Freundschaft empfindet oder die Affäre mit einem verheirateten Mann, all das kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass er im Grunde seines Herzens einfach nur unglücklich ist. Nd auch als Jura zwanzig Jahre später wieder in sein Leben tritt, fällt es Wolodja schwer, sich zu öffnen und der Liebe eine Chance zu geben.
Den Autorinnen gelingt ein sehr intensiver Einblick in das Leben eines Mannes, der nie gelernt hat, sich zu akzeptieren und alles daran setzt seine wahre Natur zu verstecken. Es ist erschreckend, was Wolodja alles durchmachen musste und mit welchen Lügen er sein Leben aufgebaut hat. Die Geschichte braucht ein wenig, um in Fahrt zu kommen, denn das erste Drittel ist eine Wiederholung des ersten Bandes, nur wird die Handlung im Zeitraffer aus Wolodjas Sicht erzählt. Das ermüdet etwas, denn es dauert, bis die Geschichte um Wolodja und Jura wirklich fortgesetzt wird.
Die Figuren sind sehr authentisch und glaubwürdig gestaltet. Man lernt Wolodja sehr intensiv kennen und versteht, warum er ein zutiefst gespaltener Mann ist. Sein Leben zu begleiten, fordert Leser*innen einiges ab, denn es ist nicht leicht mitzuerleben, was Wolodja alles durchmachen muss – die Ängste, die tiefen seelischen Wunden, der Hang sich selbst zu verletzen. Die Autorinnen legen viel Wert darauf, seine Figur genau auszuleuchten, so dass man es fast mit einem Psychogramm seiner Person zu tun hat. Jura hingegen bleibt relativ blass – er kommt sowieso erst im letzten Drittel des Buches wirklich zum Tragen. Die übrigen Figuren, von Wolodjas Affäre Igor einmal abgesehen, tauschen eher am Rande auf.
Stilistisch legt das Autorenduo einmal mehr ein beeindruckendes, dichtes und emotionales Buch vor, das durch schöne Beschreibungen und stimmungsvolle Dialoge besticht. Auch der Einblick in die russische Kultur und Geschichte bietet eine Menge Neues, denn man lernt auf diesem Weg ein Land kennen, das in belletristischen Romanen eher selten beschrieben wird. Teils verlieren sich Katerina Silwanowa und Elena Malisowa allerdings in den detailreichen Beschreibungen, was die Geschichte um Wolodja und Jura in Kombination mit der inhaltlichen Wiederholung stellenweise etwas langatmig macht, doch im Großen und Ganzen gelingt es ihnen Leser*innen zu fesseln.
Fazit:
„Du und ich und die Schwalben“ ist eine solide, emotionale Fortsetzung des russischen Bestsellers „Du und ich und der Sommer“. Katerina Silwanowa und Elena Malisowa legen eine mitreißende Geschichte vor, die zum Nachdenken anregt und aufgrund des Psychogramms der Hauptfigur Wolodja lange nachklingt. Trotz der Wiederholungen und Längen ein lesenswertes Buch, das zwar nicht an der ersten Band heranreicht, jedoch Lust auf das Finale der Trilogie macht, die ebenfalls im Blanvalet Verlag erschienen ist. Zu empfehlen.