[ZITATE-FREITAG] Nur drei Worte

Hallo ihr Lieben,

wie ihr vielleicht gemerkt habt, kam ich letzte Woche nicht dazu, ein paar Zitate auszuwählen und auch diesen Freitag bin ich arg spät dran. Damit nicht nochmal ein Zitate-Freitag ausfällt, habe ich mir das wundervolle Jugendbuch “Nur drei Worte” geschnappt und für euch meine Lieblingsstellen rausgesucht. Wer das Buch um Simon und Blue nicht kennt, sollte es sich auf jeden Fall zulegen – es ist ein wundervolles Jugendbuch und es verdient einen Ehrenplatz in eurem Regal 🙂

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meine Rezension

Es ist ein seltsam subtiles Gespräch – fast merke ich gar nicht, dass ich erpresst werde.

Wir sitzen auf Metallstühlen hinter der Bühne und Martin Addison sagt: „Ich habe deine Mail gelesen.“

„Was?“ Ich schaue hoch.

„Vorhin. In der Bibliothek. Natürlich nicht mit Absicht.“

Du hast meine Mail gelesen?“

„Na ja, ich habe mich direkt nach dir an den Computer gesetzt“, sagt er.“ „Und als ich Gmail eingegeben habe, hat sich dein Account geöffnet. Du hättest dich vielleicht ausloggen sollen.“

Ich starre ihn entgeistert an. Er tappt mit dem Fuß gegen sein Stuhlbein.

„Also, was soll das mit dem falschen Namen?“, fragt er.

Tja. Ich würde sagen, der Sinn eines falschen Namens ist es, meine geheime Identität vor Leuten wie Martin Addison geheim zu halten. Das hat also hervorragend funktioniert.

Er hat mich am Computer sitzen sehen.

Und ich bin wohl ein Riesentrottel.

Er lächelt tatsächlich. „Jedenfalls dachte ich, es interessiert dich vielleicht, dass mein Bruder schwul ist.“

“Nur drei Worte”, Seite 7 (c) Becky Albertalli / Carlsen

„Okay, ich werde jetzt euer Badezimmer belegen. Zeit für die Transformation.“

„Klingt gut“, sage ich. „Dann transformiere ich hier im Wohnzimmer.“

Nora hebt den Blick vom Buch. „Simon. Ihhh.“

„Ich werfe mir nur einen Dementoren-Umhang über. Ich schätze, das wirst du überleben.“

„Was ist denn ein Dementor?“

Also echt, ich fasse es nicht. „Nora, du bist nicht mehr meine Schwester.“

„Ist also irgendein Harry-Potter-Zeugs“, sagt sie.

“Nur drei Worte”, Seite 49 (c) Becky Albertalli / Carlsen

Blue,

also, zuallererst mal kann man Oreos auf jeden Fall als eigene Lebensmittelgruppe bezeichnen. Zweitens sind sie die EINZIGE Lebensmittelgruppe, auf die es ankommt. Meine Schwestern und ich haben uns vor ein paar Jahren mal nachts, als wir bei meiner Tante übernachtet haben, ein Land namens Boreo ausgedacht. Das ist so ein Land, wo alles aus irgendeiner Art von Oreo besteht, und der Fluss ist ein Oreo-Milchshake, und dann sitzt man auf einem riesigen Oreo wie auf einem Floß und treibt den Fluss hinunter. Und man kann den Milchshake jederzeit mit Bechern aus dem Fluss schöpfen. Ist so ein bisschen wie diese eine Szene aus Charlie und die Schokoladenfabrik. Weiß der Teufel, wie wir darauf gekommen sind. Wahrscheinlich waren wir einfach bloß hungrig. Meine Tante kann nämlich kein bisschen kochen.

Aber ich verzeihe dir deine Unwissenheit. Du konntest ja nicht wissen, dass du es mit einem Experten zu tun hast.

– Jacques

“Nur drei Worte”, Seite 83 (c) Becky Albertalli / Carlsen

Ich muss ihn kennenlernen.

Ich glaube, ich halte es nicht mehr aus. Ist mir egal, wenn das alles kaputtmacht. Ich bin ganz dicht davor, meinen Laptop abzuknutschen.

Blue Blue Blue Blue Blue Blue Blue.

Ehrlich, ich stehe kurz vor dem Explodieren.

Den ganzen Schultag ist mein Magen verknotet, und das eigentlich total grundlos, weil sich das Gefühl ja eigentlich auf niemanden richtet. Weil es bloß Worte auf einem Bildschirm sind. Ich kenne nicht mal seinen verdammten namen.

Ich glaube, ich bin ein bisschen verliebt in ihn.

“Nur drei Worte”, Seite 136 (c) Becky Albertalli / Carlsen

„Ich hab den Post schon gemeldet“, sagt Nora. „Er wird gelöscht.“

„Aber es haben ihn schon Leute gesehen.“

„Weiß ich nicht.“ Sie schweigt einen Augenblick. „Wer postet den sowas?“

„Jemand der nicht weiß, dass ‚analer Arsch-Sex‘ redundant ist.“

„Das ist so abgef… so kaputt“, sagt sie.

Ich weiß natürlich, wer es geschrieben hat. Und ich sollte wohl noch dankbar sein, dass er keinen seiner verdammten Screenshots gepostet hat. Aber verfluchte Scheiße: Diese heimliche Anspielung auf Blue macht ihn zum größten und dreckigsten Arschloch aller Zeiten.

Oh Gott, und wenn Blue das sieht?

Ich klappe den Laptop zu und schiebe ihn auf den Stuhl. Dann lehne ich mich zurück und Nora rutscht ans Kopfende. Die Minuten verticken.

„Also, es stimmt“, sage ich schließlich. Ich sehe sie nicht an. Wir starren beide an die Decke. „Ich bin schwul.“

“Nur drei Worte”, Seite 165 (c) Becky Albertalli / Carlsen

Ich weiß echt nicht, wie Leute das hinkriegen. Wie Blue das hingekriegt hat. Drei Worte. Nur drei bescheuerte Worte, und ich bin nicht mehr der gleiche Simon. Ich habe die Hand vor dem Mund und starre vor mich hin.

Keine Ahnung, wie ich darauf gekommen bin, es würde leicht.

„Ich weiß, was jetzt kommt“, sagt mein Vater. „Lass mich raten. Du bist schwul. Du hast jemanden geschwängert. Du bist schwanger.“

„Dad, hör auf“, sagt Alice.

Ich schließe die Augen.

„Ich bin schwanger“, sage ich.

„Hab ich mir gedacht, Junge“, sagt mein Vater. „Du strahlst richtig.“

Ich schaue ihm in die Augen. „Nein, im Ernst jetzt, ich bin schwul.“

Drei Worte.

“Nur drei Worte”, Seite 170-171 (c) Becky Albertalli / Carlsen

Also gut. Ich war achtlos. Ich habe jede Menge Hinweise hinterlassen und darf mich nicht wundern, dass Blue sie zusammengesetzt hat. Vielleicht wollte ich das sogar.

Jaques a die ist übrigens die französische Version des Kinderspiels „Simon says“. Und der Tarnname ist offensichtlich nicht so clever, wie ich dachte.

Aber so richtig verkackt habe ich bei der Nummer mit Cal. Oh mein Gott, mal ehrlich, was bin ich für ein bescheuerter Trottel. Ich weiß wirklich nicht, was ich mir dabei gedacht habe. Blaugrüne Augen und so ein Bauchgefühl, dass Cal Blue ist? Klassischer Fall von Simon-Logik. Kein Wunder, dass ich so grandios ins Klo gegriffen habe. Furchtbar.

“Nur drei Worte”, Seite 209 (c) Becky Albertalli / Carlsen

Mir ist aufgefallen, dass ich sehr viel über dich nachgedacht und immer wieder deine Mails gelesen und ab und zu versucht habe, dich zum Lachen zu bringen. Aber ich habe nur sehr wenig deutlich ausgesprochen oder mich vorgewagt oder dir mein Herz ausgeschüttet.

Ich habe natürlich keinen blassen Schimmer, was zum Teufel ich hier eigentlich treibe, aber was ich sagen will: Ich mag dich. Oder auch ein bisschen mehr. Wenn ich mit dir flirte, dann nicht bloß aus Spaß, und wenn ich sage, dass ich dich kennenlernen will, dann nicht bloß aus Neugier. Ich weiß ganz sicher nicht, wo das hinführt, und ich habe auch nicht den leisesten Schimmer, ob man sich per Mail verlieben kann. Aber ich würde dich wirklich gern treffen, Blue. Ich möchte es versuchen. Und ich kann mir überhaupt nicht vorstellen, dass ich dir nicht sofort das ganze Gesicht abküssen will, wenn ich dich sehe.

Das wollte ich nur noch mal absolut klarstellen.

Was ich also sagen will: Heute Abend ist ein extrem krasser Jahrmarkt auf dem Parkplatz der Perimeter Mall, und der ist bis neun offen.

Ich jedenfalls werde um halb sieben da sein. Und ich hoffe, ich sehe dich dann.

Alles Liebe

Simon

“Nur drei Worte”, Seite 266 (c) Becky Albertalli / Carlsen

Damit sind wir wieder am Ende angekommen – ab sofort kann ich nicht mehr zusichern, dass ich jeden Freitag ein Buch vorstellen kann. Bei mir hat sich privat einiges geändert, was dazu führt, dass ich weniger Zeit habe. Ich versuche es trotzdem, wenn nicht wöchentlich, dann zumindest alle zwei Wochen. Natürlich dürft ihr Wünsche äußern – ich bin für alles offen.

Liebe Grüße,
Juliane

[ROMAN] Rauschgefühle von Jannis Plastargias

Autor: Jannis Plastargias
Taschenbuch: 180 Seiten
ISBN: 978-3-946196-07-5
Preis: 8,00 EUR (eBook)
Bestellen: Astikos

Story:
Jonas ist glücklich wie nie zuvor – die Probleme und Krisen der letzten Monate haben dafür gesorgt, dass seine Beziehung zu Paul noch fester und vertrauensvoller geworden ist. In der Schule läuft es, trotz nahendem Abitur, ebenfalls prima und innerhalb seines Freundeskreises läuft alles harmonisch und friedlich. Das ändert sich jedoch, als eines Tages die Freundin seines besten Freundes Fabian spurlos verschwindet und nicht mehr als eine kurze SMS zurücklässt. Fabian fällt in ein tiefes Loch, aus dem Jonas ihm kaum heraushelfen kann. Stattdessen sucht Fabian Unterstützung bei Antonio, einem windigen Dealer, der mehr zu verbergen hat und offen Interesse an Jonas zeigt. Die Situation spitzt sich zu, als Fabian nicht nur anfängt, Drogen zu nehmen, sondern eines Tages auch noch spurlos verschwindet …

Eigene Meinung:
Der dritte Teil der „Jonas“-Reihe von Jannis Plastargias erschien 2016 im astikos Verlag. „Rauschgefühle“ spielt zeitlich nach „Plattenbaugefühle“ und „Großstadtgefühle“ und erzählt die Geschichte von Jonas, seinem Partner Paul und den Freunden der beiden weiter. Da die Bücher aufeinander aufbauen, empfiehlt es sich sie in der richtigen Reihenfolge zu lesen, da man auf diesem Weg Jonas‘ Entwicklung richtig miterleben kann. weiterlesen…

[ROMAN] Großstadtgefühle von Jannis Plastargias

Autor: Jannis Plastargias
Taschenbuch: 200 Seiten
ISBN: 978-3862860357
Preis: 12,90 EUR (Taschenbuch)
Bestellen: Amazon

Story:
Zurück in Berlin beginnt für Jonas ein neuer Lebensabschnitt. Neue alte Freunde, das pulsierende Großstadtleben und die Fernbeziehung mit Paul, sorgen dafür, dass kaum Langeweile aufkommt. Auch die Freundschaft zu Carl, der zusammen mit Jonas einer Theatergruppe angehört, bringt ein im Laufe der Zeit immer mehr Chaos mit sich, denn Jonas kann sich dem charismatischen, jungen Mann nur schwer etwas entgegen setzen. Dennoch will er Paul treu bleiben, rechnet aber nicht mit Carls Gefühlen, die schnell in Besessenheit umschlagen und sowohl Jonas als auch Paul in ernsthafte Schwierigkeiten bringen …

Eigene Meinung:
Mit dem Jugendroman „Großstadtgefühle“ legt der Frankfurter Autor Jannis Plastargias die Fortsetzung seines Debüts „Plattenbaugefühle“ vor. Der Roman erschien 2014 bei Michason & May und umfasst 200 Seiten. Er führt die Geschichte von Jonas und seinen Freunden weiter, daher ist es ratsam vorab den im Größenwahn Verlag erschienen ersten Teil der „Jonas“-Reihe zu lesen. Eine Fortsetzung findet die Geschichte in „Rauschgefühle“, das 2016 herausgekommen ist. weiterlesen…

[ROMAN] Plattenbaugefühle von Jannis Plastargias

Autor: Jannis Plastargias
Taschenbuch: 170 Seiten
ISBN: 978-3942223072
Preis: 9,99 EUR (eBook) | 12,99 EUR (Taschenbuch)
Bestellen: Amazon

Story:
Der Umzug von Berlin nach Kranichstein bei Darmstadt bedeutet für den 15-jährigen Jonas einen massiven Einschnitt in seinem Leben. Nicht nur muss er seinen besten Freund Fabian zurücklassen, er kommt auch auf eine Gesamtschule, die eher von ausländischen Jungen und Mädchen besucht wird und an die er sich erst anpassen muss. Dies gelingt ihm wider Erwarten gut – er findet neue Freunde, kann sich gut anpassen und selbst als er erkennt, dass er auf Jungs steht (etwas, was jeder vor ihm zu wissen scheint), wird er freundlich aufgenommen. Seine erste große Liebe Afyon, ein türkischer Mitschüler hat nicht so viel Glück – während es für die meisten okay ist, dass Jonas schwul ist, so ist es doch undenkbar, dass ein wahrer Moslem ebenfalls auf Männer stehen könnte. Als sich die Beziehung zwischen den beiden vertieft, kommt Jonas‘ Mutter auf einen tollkühnen Plan um Afyon vor der Gewalt seiner Familie zu retten …

Eigene Meinung:
„Plattenbaugefühle“ ist der Debütroman des Frankfurter Autors Jannis Plastargias und erschien 2011 im Größenwahn Verlag. Es handelt sich um einen klassischen Entwicklungsroman, der Freundschaft, erste Liebe, Akzeptanz und Toleranz zum Thema hat. In den Büchern „Großstadtgefühle“ und „Rauschgefühle“ findet Jonas‘ Geschichte seine Fortsetzung. weiterlesen…

[ZITATE-FREITAG] Two Boys kissing

Hallo ihr Lieben,

nachdem ich letzte Woche eine Pause einlegten, bin ich wieder mit einem neuen Zitate-Freitag am Start und habe mir eines der schönsten Jugendbücher rausgesucht, das ich bisher gelesen habe – “Two Boys kissing” von David Levithan. Der Roman hat mich tief beeindruckt, zum einen wegen der tollen Geschichte, zum anderen wegen den ungewöhnlichen Erzählern, die dem Buch einen Tiefgang gegeben haben, den ich bei vielen Büchern vermisse. Solltet ihr das Buch nicht kennen, solltet ihr das dringend ändern. In meinen Augen ist es ein Must-Read.

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meine Rezension

Wenn ihr jetzt im Teenageralter seid, werdet ihr wohl kaum etwas von uns wissen. Wir sind eure Schattenonkel, eure Engelpaten, der beste Freund eurer Mutter oder Großmutter aus Collegezeiten, der Autor des Buchs, das ihr in der Schwulen- und Lesbenabteilung der Bücherei gefunden habt. Wir sind Figuren aus einem Stück von Tony Kushner oder Namen auf einer Quiltdecke, die nur noch selten aus dem Schrank genommen wird. Wir sind die Geister dessen, was von der älteren Generation noch übrig ist. Ihr kennt ein paar von unseren Songs.

Wir wollen euch nicht zu schwer im Nacken sitzen. Was wir hinterlassen, soll euch nicht bedrücken. So würdet ihr nicht leben wollen, und so soll man sich auch an euch nicht erinnern. Es wäre ein Fehler, unser Sterben als unsere große Gemeinsamkeit anzusehen. Das Leben bis dahin war wichtiger.

Wir haben euch Tanzen gelehrt.

“Two Boys kissing”, Seite 9-10 (c) David Levithan, KJB

Es hat viele Überlegungen zu der Frage gegeben, wo Craigs und Harrys Kuss stattfinden soll.

Wenn Bequemlichkeit der ausschlaggebende Faktor gewesen wäre, hätte die Wahl ganz eindeutig lauten müssen: bei Harry zu Hause oder im Garten. Harrys Eltern hätten absolut nichts dagegen einzuwenden gehabt und gern die nötigen Vorkehrungen getroffen. Aber Craig und Harry wollten sich damit nicht verstecken. Der Kuss hat erst einen Sinn, wenn andere daran teilhaben.

Schließlich schlug Craig die Rasenfläche vor ihrer Highschool vor – ein öffentlicher Ort und zugleich vertraut. Die Schule ist an Wochenende normalerweise aus dem einen oder anderen Grund offen – Footballspiel, Theaterproben, ein Debattierwettbewerb. Aber auf der Rasenfläche sind sie niemandem im Weg. Es gibt keine Probleme, sich mit Wasser und Strom zu versorgen. Und ihre Freunde wissen, wo sie zu finden sind.

“Two Boys kissing”, Seite 48-49 (c) David Levithan, KJB

Harry und Craig haben für die kommenden zweiunddreißig Stunden, zwölf Minuten und zehn Sekunden ein letztes Mal die Toilette aufgesucht. Die Kameras sind bereit. Ms Luna hält die Stoppuhr in der Hand. Es sind noch weitere Freunde gekommen. Harrys Eltern sehen zu den beiden hin und heben den Daumen.

Es ist Zeit.

Harry beugt sich zu Craig und flüstert ihm ins Ohr: „Ich liebe dich.“

Craig beugt sich zu Harry und flüstert ihm ins Ohr: „Ich liebe dich auch.“

Niemand außer uns hört sie.

Dann ist es soweit. Monatelange Vorbereitungen, wochenlanges Üben und jahrelanges Leben haben zu diesem Augenblick geführt.

Sie küssen sich.

“Two Boys kissing”, Seite 68 (c) David Levithan, KJB

Harry bleibt stehen. Zieht Craig fester an sich. Craig malt ein Fragezeichen auf Harrys Rücken. Aber Harry kann nicht darauf antworten. Er küsst Craig nur inniger, schlingt die Hand um seinen Nacken, um ihn zu warnen, dass er bei der Sache bleiben und sich nicht umdrehen soll.

Dann hört Craig es. Seinen Namen. Die Stimme seiner Mutter. Seinen Namen.

Wir sehen alle zu der kleinen Frau hin, die bis vor zehn Minuten dachte, Craig sei übers Wochenende zum Zelten gefahren. Sie wirkt eher verwirrt als aufgebracht, und wir wünschten, wir könnten ihr die Sache erklären. Wir würden sie gern beiseite ziehen und ihr erklären, was wir wissen – was unsere Mütter verkehrt und was sie richtig gemacht haben. Ihr Sohn ist am Leben, möchten wir sagen. Ihr Sohn lebt.

Sie begreift nicht, warum er nicht antwortet. Warum er weiter diesen anderen Jungen küsst, obwohl sie direkt hinter ihm steht und ihn beim Namen ruft.

“Two Boys kissing”, Seite 117 (c) David Levithan, KJB

Cooper ist schon ein paar Minuten vor halb acht wieder im Starbuck’s, nur für den Fall das Antimatter – Julian – früh dran sein sollte. Zwischendurch hat er bei Subway gegessen. Und jetzt hört er endlich seine Nachrichten ab. Genauer gesagt, die erste Nachricht. Was ein Fehler ist.

Sieh zu, dass du schleunigst wieder herkommst, sonst wird es ungemütlich für dich. Ich schleppe dich eigenhändig zurück nach Hause, wenn ich –

Cooper drückt auf Löschen. Insgesamt vierzehn Mal.

Wir würden ihn gern schütteln. Ihm sagen, was wir aus trüber Erfahrung gelernt haben: Man darf die erste Nachricht nicht ignorieren, aber es ist die letzte, auf die es ankommt. Wutanfälle können sich legen. Zorn kann sich ausgetobt haben. Menschen können wieder zu Verstand kommen.

“Two Boys kissing”, Seite 137-138 (c) David Levithan, KJB

„Wie könnt ihr das nicht hören?“, fragt er seine Mutter. „Wie könnt ihr einfach dasitzen, wenn so was im Radio kommt?“

Sein Vater schlägt einen versöhnlichen Ton an. Er ist immer der „gute Bulle“. Neil hat es satt, dass seine Eltern überhaupt wie Bullen sind.

„Wir haben wirklich nicht hingehört. Sonst hätten wir es ausgeschaltet. Wir haben die Nachrichten zur vollen Stunde gehört und es weiterlaufen lassen.“

„Wenn jemand so was sagt, solltet ihr aber hinhören!“ Neil wird laut.

Seine Mutter mustert ihn wie einen unfähigen Angestellten. „Warum sollten wir denn da hinhören?“

Weil ihr einen schwulen Sohn habt.

Miranda klappte der Unterkiefer herunter. Das ist die interessanteste Unterhaltung im Familienkreis, die sie jemals erlebt hat. Ein unanständiges Wort aus Neils Mund hätte sie alle nicht weniger schockiert.

Er hat den Waffenstillstand gebrochen.

“Two Boys kissing”, Seite 189-190 (c) David Levithan, KJB

Harry versucht für Craig da zu sein. Mit aller Macht. Eben in dem Moment, als es für sein Gefühl mit dem Kuss nichts Neues mehr zu sagen gibt, versucht er ihm das zu sagen. Und Craig hört es. Craig zeichnet Linien auf seinen Rücken. Erst denkt Harry, es ist ein P, oder ein e. Doch dann bekommt es eine zweite Hälfte – ein Herz.

Harry antwortet mit einem Ausrufezeichen.

„Du bist nicht allein“, sagt er, Mund an Mund mit Craig.

„Was?“, fragt Craig.

„Du bist nicht allein“, sagt Harry noch mal.

Und dieses Mal hört Craig es.

“Two Boys kissing”, Seite 251-252 (c) David Levithan, KJB

Die letzte Minute.

Die letzten dreißig Sekunden.

Bei uns war das Ende nie so präzise.

Wir möchten die Augen schließen. Warum können wir es nicht? Wir, die wir nur träumten und liebten und vögelten – warum sind wir hierher verbannt worden, warum hat die Welt hierfür noch immer keine Lösung gefunden? Warum müssen wir zusehen, wie Cooper zu diesem Geländer geht? Warum müssen wir zusehen, wenn ein Zwölfjähriger sich eine Waffe an der Kopf hält und abdrückt? Warum müssen wir zusehen, wie ein Vierzehnjähriger sich in der Garage erhängt und zwei Stunden später von seiner Großmutter gefunden wird? Warum müssen wir zusehen, wie ein Neunzehnjähriger am Rand eines leeren Highways aufgeknüpft und dem Tod überlassen wird? Warum müssen wir zusehen, wie ein Dreizehnjähriger sich mit Pillen vollstopft und dann eine Plastiktüte über den Kopf zieht. Warum müssen wir zusehen, wie er sich erbricht und schließlich erstickt?

Warum müssen wir immer wieder sterben?

“Two Boys kissing”, Seite 269 (c) David Levithan, KJB

 

Damit verabschiede ich mich für dieses Mal von euch. Ich hoffe sehr, euch gefällt meine Auswahl, und ihr holt euch dieses wundervolle Jugendbuch. In diesem Sinne noch ein letztes Zitat aus dem Buch: “Seid mehr als Staub.

Liebe Grüße,
Juliane

[ROMAN] Eisprinz und Herzbube von Elena Losian


Autor: Elena Losian
Taschenbuch: 448 Seiten
ISBN: 978-3945118955
Preis: 6,99 EUR (eBook) | 16,90 EUR (Taschenbuch)
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Story:
Der 15-jährige Emilio hat seit jeher mit seinem explosiven Temperament zu kämpfen, was sein Leben in der Schule nicht sonderlich einfach macht. Da er zudem von zwei Männern großgezogen wird, hat er einen schweren Stand bei seinen Mitschülern – sie halten ihn für schwul, obwohl er eine Freundin hat und alles daran setzt, normal zu sein. Lediglich sein bester Freund Etienne hält in allen Punkten zu ihm, ebenso sein Ziehvater Phil, mit dem sich Emilio mit wachsender Begeisterung in den Haaren liegt. Richtig problematisch ist jedoch seine Hass-Beziehung zu dem 17-jährigen Nicholas, der offen schwul und trotzdem an der Schule sehr beliebt ist. Nick geht fest davon aus, dass Emilio homophob ist, was für eine Menge Zündstoff zwischen den beiden sorgt. Ihre Grabenkriege gipfeln irgendwann in einem zornigen Kuss in der Umkleidekabine, mit dem Nicholas unfreiwillig mehr in Gang setzt, als er gedacht hat. Plötzlich ist sich Emilio nämlich nicht mehr so sicher, dass er hetero ist und auch Nicholas‘ Gedanken drehen sich immer mehr um seinen ehemaligen Erzfeind …

Eigene Meinung:
„Eisprinz und Herzbube“ erschien bei der Polygon Noir Edition, dem Jugendbuch/All Age Label des Main Verlags und markiert sowohl die erste Veröffentlichung innerhalb des neuen Labels, als auch die der Autorin Elena Losian. Es handelt sich um eine typische Coming-of-Age Geschichte mit einer gelungenen Mischung aus Romantik, Familiendrama, Problembewältigung und jugendlichem Gefühlschaos. weiterlesen…

[ROMAN] Und der Himmel ist doch bunt von Stephanie Mangliers

Autor: Stephanie Mangliers
Taschenbuch: 399 Seiten
ASIN: B01HP2WN32
Preis: 6,99 EUR (eBook) | 14,90 EUR (Taschenbuch)
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Story:
Ein schrecklicher Autounfall ändert Jasons Leben für immer. Nicht nur sterben seine Eltern dabei, ein Schlag auf den Hinterkopf raubt ihm auch die Fähigkeit zu sehen. Fortan muss er mit seiner Blindheit zurechtkommen und kurz darauf auch bei einer neuen Familie einrichten, denn seine Paten nehmen Jason kurzerhand bei sich auf. Dort bekommt er nicht nur einen Blindenhund, er kann auch auf eine normale Schule gehen. Allerdings läuft es in seiner neuen Klasse zu Beginn weniger gut, was vor allem an Patrick und dessen Freunden liegt, die es sich zum Zielgemacht haben Jason zu mobben. Unterstützung erfährt er schließlich von Nick und dessen Clique. Jason findet Freunde und kommt immer besser in seiner neuen Umgebung klar, woran Nick nicht ganz unschuldig ist. Schon bald wird aus der Freundschaft der beiden Jungen mehr und Jason muss sich mit dem Gedanken anfreunden nicht nur blind, sondern auch schwul zu sein …

Eigene Meinung:
„Und der Himmel ist doch bunt“ ist das Debüt von Stephanie Mangliers und erschien 2016 bei der Polygon Noir Edition, dem Jugendbuch/All Age Label des Main Verlags. Das Buch ist nach „Eisprinz und Herzbube“ die zweite Veröffentlichung, die sich an jugendliche Leser richtet. weiterlesen…

[ROMAN] Das Morgen ist immer schon jetzt von Partick Ness


Autor: Patrick Ness
Taschenbuch: 320 Seiten
ISBN: 978-3-570-17266-7
Preis: 13,99 EUR (eBook) | 16,99 (Taschenbuch)
Bestellen: Amazon

Story:
Mickey ist ein ganz normaler Jugendlicher, der mit den üblichen kleinen und großen Problemen kämpft – sein Schulabschluss, das Auf und Ab mit seinen Freunden, und seine erste große Liebe Henna. Darüber hinaus leidet er unter einer Zwangsstörung, die ihn dazu zwingt bestimmte Dinge wie Händewachsen, Anziehen oder das Abschließen einer Tür endlos zu wiederholen. Er gehört nicht zu den Finns, Dylans und Sachtels, die in regelmäßigen Abständen die Welt vor der Vernichtung durch Vampire, Göttern, Seelenfressern und Zombies retten und die in regelmäßigen Abständen die Schule in die Luft jagen. So bekommen er und seine Freunde zwar am Rande mit, dass sich eine neue Bedrohung ankündigt, doch glücklicherweise betrifft es sie nicht direkt, so dass sie sich ihrem Alltag stellen können.

Eigene Meinung:
Patrick Ness ist einer der bekanntesten, englischen Kinder- und Jugendbuchautoren, der mit seinen Büchern unzählige Preise gewinnen konnte, darunter auch den Deutschen Jugendliteraturpreis für „Sieben Minuten nach Mitternacht“ (dessen Filmadaption im Herbst 2016 in die Kinos kommt). Er widmet sich oftmals queeren Themen und baut schwule und lesbische Haupt- und Nebenfiguren in seine Geschichten ein. weiterlesen…

[ROMAN] Zusammen werden wir leuchten von Lisa Williamson


Autor: Lisa Williamson
Taschenbuch: 384 Seiten
ISBN: 978-3-7336-0109-6
Preis: 10,99 EUR (eBook) | 12,99 (Taschenbuch)
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Story:
Bereits im Alter von acht Jahren weiß David, dass er ein Mädchen sein will. Seinen Eltern möchte er sein größtes Geheimnis nicht offenbaren – diese rechnen bei einem Coming-Out eher mit der Homosexualität ihres Sohnes, nicht damit, dass er Transgender ist. Lediglich Davids beste Freunde Essie und Felix wissen um Davids geheimen Wunsch. Sie halten zu ihm, auch wenn er in der Schule noch so oft von seinen Mitschülern angegangen und beleidigt wird.
Das Blatt wendet sich Stück um Stück als mit Leo ein neuer Schüler auftaucht, der aus einem schlechten Viertel und von einer noch schlechteren Schule stammt. Anstatt dem Mobbing tatenlos zuzusehen, verteidigt er David. Die beiden lernen sich kennen und Leo beginnt David Mathenachhilfe zu geben. Nach und nach werden die beiden Freunde und schon bald wird klar, dass auch Leo ein Geheimnis hat, dass vieles ändern könnte …

Eigene Meinung:
Der Roman „Zusammen werden wir leuchten“ ist das Debüt der Autorin Lisa Williamson und beschäftigt sich als eines der ersten Jugendbücher mit dem Thema Transgender. Die Autorin gewann mehrere Preise und erhielt weitestgehend positives Feedback. Die deutsche Ausgabe erschien 2015 beim Fischer Verlag. weiterlesen…

[ROMAN] Lieber Philip von Imme Dros


Autor: Imme Dros
Taschenbuch: 148 Seiten
ISBN: 3-7876-9712-8
Preis: ab 1,00 EUR (gebraucht, Hardcover)
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Story:
Philip ist schon von klein auf anders, als andere Jungen. Aus Angst sich lächerlich zu machen oder von seinen Mitschülern und den Erwachsenen verspottet zu werden, hat er nur wenige Freunde und zieht es vor allein zu bleiben. Erst die gleichaltrige Diana sorgt dafür, dass sich Philip öffnet. Er findet Freundinnen, glaubt sogar sich in Diana zu verlieben und reagiert eifersüchtig, als sie mit anderen Jungs anbandelt. Doch erst als er Dianas Cousin Roger kennenlernt und mit diesem zusammen einen alten Trimm-dich-Pfad wieder aufpoliert, blüht Philip auf. Die aufkeimende Freundschaft mit Roger endet jäh, als dieser ihm sagt, dass er homosexuell ist. Für Philip bricht eine Welt zusammen und er meidet ihren gemeinsamen Treffpunkt, wenn er glaubt, dass Roger dort ist. Erst spät in der Nacht traut er sich in den Wald und findet dort regelmäßig Briefe von Roger, in denen er Philip alles erzählt was ihn bewegt und damit Philip zum Nachdenken bringt.

Eigene Meinung:
Der Jugendroman „Lieber Philip“ stammt von der niederländischen Autorin Imme Dros, die bereits seit den frühen 70er Jahren Kinder- und Jugendbücher schreibt und bereits etliche Preise gewonnen hat. Einige ihrer Werke wurde ins Deutsche übersetzt, der knapp 150-seitige Roman „Lieber Philip“ erschien 2000 beim Middelhauve Verlag und ist inzwischen nur noch gebraucht erhältlich. weiterlesen…