[ZITATE-FREITAG] Der Feuervogel von Istradar

Hallo ihr Lieben,

mit einer Woche Verspätung habe ich heute den versprochenen Zitate-Freitag mit “Der Feuervogel von Istradar” im Gepäck. Wie immer habe ich einige meiner Lieblingszitate zusammengetragen, um euch einen besseren Einblick in Ria Winters Werk zu geben und euch (hoffentlich) neugierig zu machen. Mal schauen, ob ich es dieses Mal hinbekomme, die Kategorie wieder mit Leben zu füllen – beim letzten Mal ist aus meiner Ankündigung leider nichts geworden. Daher verspreche ich dieses Mal nicht zu viel; hoffen wir einfach, dass es nicht wieder 9 Monate bis zum nächsten Zitate-Freitag dauert 😉

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meine Rezension

Firaya rieb sich geistesabwesend über die tätowierten Kranichfedern auf ihrem Handgelenk. Auch in ihrem Volk gab es viele Geschichten über den Feuervogel. Sie war nicht wegen des Reichsschatzes hier, aber sie musste sich eingestehen, dass sie neugierig war. Vielleicht würde sie einen Blick auf das Wundertier erhaschen können – oder zumindest auf das, was von ihm übrig war, ob nun alte Knochen oder ein blutiges Bündel Federn.

“Der Feuervogel von Istradar”, 2% (c) Ria Winter

Ehe Firaya reagieren konnte, hatte Alina nach ihrem Arm gegriffen und den Ärmel ihres Hemdes hochgeschoben.

„Wusste ich doch, dass ich es gestern richtig gesehen habe – du trägst ihr Zeichen auf der Haut!“ Die tätowierten Federn auf der dunklen Haut ihres Handgelenks waren von vielen Tagen in der Sonne verblasst, aber dennoch gut zu erkennen. „Sind das etwa nicht die Federn einer Nachtigall?“

Firaya schnaubte.

„Vom Mitglied einer Garde, die sich die Sperber nennt, hätte ich bessere Vogelkenntnisse erwartet“, sagte sie trocken. „Habt Ihr schon mal eine Nachtigall gesehen?“

Alina presste die Lippen zusammen und ließ Firayas Arm los. Die Kette klimperte leise in ihren Fingern.

“Der Feuervogel von Istradar”, 8% (c) Ria Winter

Alina glaubte an viele Dinge – an das Schwert in ihrer Hand, an die Heilwirkung von täglichen Besuchen der Banja, an die Erdenmutter und an Oksana –, aber vor allem glaubte sie an ihre Fähigkeit, Menschen zu durchschauen. Wie oft hatten Edik oder Nadja vergeblich versucht, sie beim Kartenspielen hereinzulegen? Wie oft hatten irgendwelche Diebe und Betrüger unter Tränen beteuert, dass sie ehrbare Bürger seien, während ihre Gesichter und ihre Körpersprache sie an Alina verrieten?

Es war eine Gabe, davon war sie fest überzeugt. Eine Gabe, die die Erdenmutter ihr verliehen hatte, damit Alina ihr Schicksal besser erfüllen konnte: Oksana zu beschützen.

Bei Firaya stieß diese Gabe zum ersten Mal an ihre Grenzen.

“Der Feuervogel von Istradar”, 16% (c) Ria Winter

Firaya drehte sich um und entzog Janka sanft den Zopf, um die letzten Strähnen selbst zusammenzubinden. „Sei jung und schön, solange du kannst, Spatz.“ Sie stupste
Janka neckend gegen die Nase. „Hol dir deinen strammen Burschen.“

Janka schlug die Augen nieder, auf einen Schlag ernüchtert.

„Er wird mich nicht wollen“, sagte sie leise. „Nicht so, wie ich bin.“ Ihre Hand flog an ihren Hals, wo der hohe Kragen ihrer Tunika den prominenten Kehlkopf verbarg.

Firaya ließ die falschen Haarsträhnen durch ihre Finger gleiten und betrachtete Janka, das etwas eckige Gesicht, die frei über ihre Ohren fallenden kurzen Locken, die langen hellen Wimpern.

„Du bist ein schönes Mädchen“, sagte sie leise, aber entschieden. „Du wirst eine noch schönere Frau werden. Du brauchst dich nicht dafür zu schämen, so zu sein, wie du bist.“

“Der Feuervogel von Istradar”, 29% (c) Ria Winter

Firaya fuhr sich über die dunklen Stoppeln auf ihrem Kopf. Es war wirklich höchste Zeit, das Messer wieder anzusetzen. Sie dachte an Alinas weizenblonde Haarpracht und stellte sich vor, wie es aussehen mochte, wenn ihr das Haar offen über die Schultern fiel. Wie es sich zwischen ihren Fingern anfühlen würde …

Aber eine Nachtigall gab keine gute Gefährtin für einen Sperber ab. Und es war zu spät, jetzt noch zu entdecken, wie es war, eine Frau zu lieben. Hätte sie früher, in Jankas Alter, geahnt, wie leidenschaftlich sich ein Kuss anfühlen konnte, wäre vieles anders gekommen. Aber nun war dieser Gedanke bloß eine weitere reuevolle Musiknote in ihrem
Herzen.

“Der Feuervogel von Istradar”, 44% (c) Ria Winter

„Wenn du das so sagst, klingt es, als wärst du es selbst nicht mehr“, murmelte Alina. Firaya wollte wegsehen, aber Alina legte sanft eine Hand an ihre Wange und hielt sie davon ab. „Ich würde dich sehr gern küssen. Darf ich?“

Firaya wusste, dass sie Nein sagen sollte. Es wäre das Vernünftige, das Richtige. Sie hatte noch etwas zu erledigen und Alina war nur eine Ablenkung. Und Firaya befürchtete, dass Alinas Herz trotz ihrer Worte noch immer von ihrer Herrin erfüllt war.

Und dennoch … Sie wollte so gern Ja sagen

Also lehnte sie sich vor und küsst Alina. Alina kam ihr mit einem Hunger entgegen, der ihre vorherige Schläfrigkeit Lügen strafte. Ihre Hand glitt in Firayas Nacken, ihre Fingernägel kratzten sacht über Firayas kurz geschorenes Haar. Das Gefühl rieselte als angenehmer Schauder ihr Rückgrat herunter.

“Der Feuervogel von Istradar”, 59% (c) Ria Winter

„Ich traue den Sperbern und ihrer Fürstin nicht“, sagte sie. „Wenn sie Alina gefangen halten wollen, halten sie sie gefangen, egal was Janka tut.“

„Sagt die Nachtigall“, gab Edik scharf zurück.

Firaya musterte ihn prüfend. Seine Loyalitäten waren eindeutig – er war dem Kreml ergeben. Und doch hatte er nicht die Gelegenheit genutzt, solange sie noch nicht bei Bewusstsein gewesen war, um Janka niederzuschlagen und die Stadtwachen zu holen. Vielleicht verließ er sich immer noch auf Alinas Urteil, was Firayas Vertrauenswürdigkeit betraf. Oder er war einfach ein verwirrter und überforderter Halbwüchsiger, der in etwas hineingestolpert war, das sehr viel größer war als er selbst.

„Wir werden Alina helfen“, sagte Firaya in einem Tonfall, der keinen Raum für Zweifel ließ.

“Der Feuervogel von Istradar”, 72% (c) Ria Winter

„Ich werde nicht mehr selbstsüchtig sein. Das habe ich von dir gelernt. Der Feuervogel hat mich befreit, aber ich habe keinen Anspruch auf ihn. Du brauchst ihn viel  dringender, um dein Volk zu retten. Und das ist richtig so. Es gibt Wichtigeres im Leben, als glücklich zu sein.“

Einen Moment lang konnte Firaya nicht atmen. Jankas Worte schnürten ihr die Brust zu. Das Schlimmste war, wie vertraut sie klangen – wie oft hatte Firaya sie zu sich selbst gesagt. In ihrem Leben ging es immer um das größere Muster. Firaya konnte stehlen, lügen und betrügen, wenn es ihrem Clan, ihrer Familie nutzte. Sie konnte Teile von sich selbst abschneiden, die sie dabei behinderten. Sie hatte gewusst, dass Alina sie hassen würde, wenn ihre Zusammenarbeit mit Kasimir ans Licht kam, aber sie war bereit gewesen, Alina und ihr neues gemeinsames Glück aufzugeben.

Aber sie wollte nicht, dass Janka etwas aufgeben musste. Sie konnte es nicht ertragen, dass das Mädchen sie trotz seiner Tränen anlächelte und ihr versprach, auf das Leben zu verzichten, das es so lange hatte entbehren müssen.

“Der Feuervogel von Istradar”, 86% (c) Ria Winter

Ich hoffe, die kleine Auswahl gefällt euch und ihr seid neugierig auf die Geschichte des Feuervogels. Ich kann euch diesen Fantasy nur wärmstens ans Herz legen – das Buch hat mir sehr gefallen und mich sehr gut unterhalten. Wenn ihr Fantasy mögt, dann solltet ihr auf jeden Fall zugreifen und euch in die Welt von Firaya, Alina und Janka entführen lassen 🙂

Liebe Grüße,
Juliane

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