[ZITATE-FREITAG] Like a (bad) Dream Part 1

Hallo ihr Lieben,

der letzte Zitate-Freitag ist wirklich lange her, da wird es wirklich Zeit mal wieder einen zu veranstalten. Da ich bereits bei der ersten Anthologie einen Zitate-Freitag gemacht habe, will ich auch dieses Mal einen Einblick in die neue Bemefizanthologie geben. Da dieses Mal 18 Autor*innen dabei sein werden und ich mir gedacht habe, dieses Mal 2 Zitate aus jeder Geschichte zu posten, wird es zu “Like a (bad) Dream” zwei Zitate-Freitage geben. Mit diesem Post stelle ich euch die ersten 9 Geschichten vor, in zwei Wochen sind die anderen 9 dran. Also schaut Ende Juni wieder vorbei 🙂

Wer es ausführlicher mag, kann natürlich auch einen Blick in die Leseproben der einzelnen Kurzgeschichten werfen – die sind ausführlicher und ihr erfahrt ein bisschen mehr 🙂

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War es ein Zeichen von Ungeduld, wenn man auf einem luftleeren Raumschiff an Selbststrangulation starb?

Nicht hypothetisch gesprochen.

“Like a (bad) Dream”, Alypos (c) Annette Juretzki

Da war ein Mann. In seinem Raumschiff. In einem von keinem Lebewesen zuvor besuchten Sonnensystem.

»Geht es dir gut?«

»Nein.«

»Was fehlt dir?«

»Ich leide ganz eindeutig an Halluzinationen aufgrund der vorherrschenden Hypoxie.«

»Klingt übel.« Der Fremde lachte. Tief. Warm. Ein Lachen, das selbst Leszek ansteckte.

Dann redete er jetzt eben mit seiner Wahnvorstellung.

“Like a (bad) Dream”, Alypos (c) Annette Juretzki

Es gelang ihm, doch als er wieder in den Spiegel blickte, zweifelte er an seinem Verstand.

Er sah zwar sein Gesicht, doch es waren nicht seine Augen, die zurückstarrten – diese dort waren hasserfüllt und voller Wut. Eine immense Bösartigkeit schlug ihm entgegen, in ihrer Intensität sensorisch fühlbar. Was war mit ihm passiert? Das konnte unmöglich sein Spiegelbild sein. Alle Härchen auf seinen Armen stellten sich auf.

“Like a (bad) Dream”, MEINS (c) Barbara Corsten

Mit einem jähen Knall sprang die Schlafzimmertür so heftig auf, dass sie gegen die Wand krachte und mit aller Heftigkeit wieder zufiel. Das Schauspiel wiederholte sich in einem irren Tempo immer wieder. Gleichzeitig ging das Licht mit einem Flackern an, erlosch wieder, nur um gleich darauf erneut aufzuleuchten. Ein Stroboskopeffekt entstand, der in einem Moment alles sichtbar machte, im anderen wieder versteckte. Die Winkel und Ecken des Zimmers schienen, ins Groteske verzerrt, in die Mitte des Raumes zu kriechen. Im nächsten Augenblick waren sie auf ihren angestammten Plätzen, um erneut zu einem unheiligen Leben zu erwachen.

Leo klammerte sich an Mics Hand.

„Es ist noch da!“, rief er verzweifelt gegen den Lärm an, denn inzwischen krachten alle Türen des Hauses gegen die Wände.

“Like a (bad) Dream”, MEINS (c) Barbara Corsten

„Das ist aber nicht das eigentliche Problem“, tastete Chris sich weiter vor. Über manche Dinge hatte er noch nie mit jemandem gesprochen, wenn keine verletzten Gefühle im Spiel waren. „Ich suche einen Mann zum Kuscheln und Küssen. Einen, in dessen Armen ich einschlafen kann.“ Und nun kam der Teil, bei dem ihm üblicherweise Verklemmtheit oder fehlende Liebe vorgeworfen wurden. „Aber ich finde Sex grauenvoll langweilig und manchmal ein bisschen eklig.“

“Like a (bad) Dream”, Baum und Brunnen (c) Carmilla DeWinter

„Du bist schön warm.“ Mehr als ein heiseres Flüstern war das nicht. Unendlich vorsichtig kämmte der Wassermann mit seinen Krallenfingern Chris’ kurze Haare. „Ich mag dich gar nicht mehr loslassen.“

Den Wassermann hatte seit einer Ewigkeit niemand mehr umarmt. „Ich mag dich auch noch nicht loslassen“, murmelte Chris.

„Aber du kannst hier nicht bleiben, und mitnehmen kann ich dich auch nicht.“

„Ein bisschen halte ich es noch aus.“

“Like a (bad) Dream”, Baum und Brunnen (c) Carmilla DeWinter

Ich hasse es. Es ist wie der Schatten eines Albtraums, der immer am Rande des Bewusstseins herumlungert. Erst wenn ich es ins Licht zerre, wird es endgültig verblassen können. Hoffe ich.

Im Prinzip wollte ich das hier schon längst tun, allerdings fehlte mir die Gelegenheit, der passende Moment. Vielleicht auch der Mut. Latente Furcht, sie begleitet mich schon mein Leben lang. Aber wenn ich eine Entscheidung getroffen habe, dann ziehe ich es durch.

So wie damals.

“Like a (bad) Dream”, Traummann (c) Chris P. Rolls

Tief atme ich ein, lege den Stift zur Seite. Ganz leise, sehr bedächtig.

Es ist vollbracht. Aufgeschrieben und schwarz auf weiß. Es war schwer und doch viel leichter als gedacht.

Hätte ich deutlicher werden müssen? Ausführlicher? Erklärender?

Die Sache mit meinem Vater … Ich habe sie nie jemandem erzählt, wollte mich nicht mehr daran erinnern. Es war nur ein Mal. Das habe ich mir immer wieder gesagt.

“Like a (bad) Dream”, Traummann (c) Chris P. Rolls

Fietes zufriedenes Grinsen war es wert, einen Kater oder Schlimmeres zu riskieren. Beide Männer sträubten sich gegen den Impuls, einander zu küssen und beließen es beim Exen des Shots – zweimal drei Kaffeebohnen landeten klackernd in ihren Mägen.

“Like a (bad) Dream”, Der bärtige Seemann, der gar keiner war (c) Dennis Stephan

Rico hielt auf der Stelle an. Auch Fietes haselnussbraune Augen konnten ihn nicht weiterzwingen. Bei Fiete zu schlafen war wirklich das letzte, was er wollte. Nicht, weil er sich nicht vorstellen könnte, gemeinsam mit Fiete unter einer Decke zu liegen und über Dinge zu lachen, die nur lustig sind, wenn man sich mit einem Fremden ein provisorisches Bettlager teilt, sondern schlicht, weil der Tag zu perfekt gewesen war, um ihn zu einem flüchtigen sexuellen Abenteuer für eine Nacht verkommen zu lassen. Darin war er sich sicher: Er brauchte keinen weiteren belanglosen Liebhaber auf seiner Strichliste.

“Like a (bad) Dream”, Der bärtige Seemann, der gar keiner war (c) Dennis Stephan

Die gesamte Hotellobby scheint den Atem anzuhalten, als Dimitrios in die Halle tritt. Falls überhaupt möglich, sieht er noch besser aus als bei unserem ersten Aufeinandertreffen. Diesmal trägt er ein hellblaues Hemd, dazu sandfarbene Baumwollshorts und Caligae, römische, hoch geschnürte Sandalen. Leger und gleichzeitig wahnsinnig schick sieht er aus. Mit einem Lächeln, das charmanter nicht sein könnte, kommt er auf mich zu.

»Es freut mich sehr, dass es geklappt hat«, sagt er zur Begrüßung und umarmt mich kurz. Kein Küsschen. Daran müssen wir noch arbeiten.

“Like a (bad) Dream”, Muskelspiele(c) Dima von Seelenburg

Unser zweites Date beginnt wesentlich stürmischer als unser erstes. Ein wenig Angst hatte ich, dass dieser wunderbare Kerl weiterhin körperlich Abstand halten würde. Doch diese Bedenken lösen sich überraschend schnell in nichts auf. Kaum habe ich auf sein Klopfen reagiert und die Tür geöffnet, drückt er sie auf, schlüpft durch den Türspalt, als wäre ihm jemand auf den Fersen, presst mich gegen die Wand des kurzen Flures und raubt mir mit einem leidenschaftlichen Kuss Luft und Verstand. So kann es gern weitergehen. Keine Zeit will ich mehr verlieren, ich will ihn.

“Like a (bad) Dream”, Muskelspiele(c) Dima von Seelenburg

Der Gesichtslose steht direkt vor mir. Seine schwarzen Augen starren mich an und ich weiß, ich kann ihnen nicht entkommen. Trotzdem beginne ich zu laufen, wie jedes Mal renne ich um mein Leben. Jemand ruft meinen Namen. Eine Frau. Ich will zu ihr, aber ich erreiche sie nicht. Sie hat blonde Locken. Ich höre sie schreien, wimmern und weinen. Meinetwegen?

Ich laufe weiter, meinen Verfolger dicht hinter mir, stolpere einfach hinein in die Dunkelheit, die mich umfängt.

“Like a (bad) Dream”, Puppet (c) Elea Brandt

Ich folge ihm. Wir rennen den Gang hinunter, das Licht flackert. Laute Stimmen hallen durch das Haus, harsch und befehlsgewohnt. Ich laufe weiter, gerate ins Taumeln. Mein Kopf fühlt sich einige Nummern zu groß an, meine Glieder sind schlapp und kraftlos, aber Zorn treibt mich. Sie haben mich gefoltert, gebrochen, mir mein Leben gestohlen, mir Noah geraubt. Ich will sie dafür bluten sehen. Alle.

“Like a (bad) Dream”, Puppet (c) Elea Brandt

Cedric spürte das sanfte Streicheln des Daumens über seinen Handrücken und ihm wurde bewusst, dass sie einander immer noch festhielten. Betont langsam löste er seine Finger aus Andrés. Sein Herz klopfte hart und er befürchtete, sein Nebenmann könnte es hören. Im gleichen Moment schalt er sich einen Dummkopf und horchte in sich hinein. Keine Frage, sein Blut rauschte wie ein ganzer Gebirgsbach ins Tal: munter, unaufhaltsam, hell und klar. Hoffnung transportierend.

“Like a (bad) Dream”, Die Süße des Kusses (c) Elisa Schwarz

Er war nicht blind oder gar taub geworden – die Gegenbewegung zu ihrer sexuellen Freiheit war unüberhör- und unübersehbar. Immer wieder wurde in den Nachrichten von körperlichen Attacken auf ihresgleichen berichtet, viel häufiger noch waren verbale Angriffe. Aber er war an ihrer Beziehung gewachsen. Andrés einst vorhandene Kraft, für sie einzustehen, war auf ihn übergegangen. In Fleisch und Blut. „Es sind nur wenige, André.“ Die gewaltigen Schaden anrichten konnten. Seine Angst war niemals unbegründet gewesen. „Und heute Nacht musst du mich nur ausdauernd genug küssen, damit wir nicht gehört werden.“

“Like a (bad) Dream”, Die Süße des Kusses (c) Elisa Schwarz

Es muss vier Wochen her sein, dass sie beim Saunaabend waren. Zusammen. Stef hatte sich mit Manuel vergnügt und er mit Thomas. Danach steckte ihn Steffen in die Wanne, die auch Massagedüsen hatte, und er entspannte sich wohlig. Steffen saß neben dem Jacuzzi und massierte ihm den Nacken. Erzählte, was er mit Manuel angestellt hatte. Es machte sie beide wieder geil. Er bedeutete Stef aufzustehen. Schob seinen Bademantel auseinander. Mal sehen, ob dein Mann dich auch noch befriedigen kann, hatte er gesagt und alles dafür getan.

“Like a (bad) Dream”, Mit wem er will (c) Jana Walther

Mutlos geht er zum Ende des freien Weges zwischen den Bäumen und schiebt dort den Schnee beiseite. Er sieht schon die große Schneewehe, die das Ende des Weges hinter den Fichten und den Blick zur Straße komplett verdeckt. Nachdem er ein kleines Stück davon abgetragen hat, hört er Geräusche, die er nicht zuordnen kann. Eine Art Scharren. Aber niemand dürfte in der Nähe sein.

“Like a (bad) Dream”, Mit wem er will (c) Jana Walther

Ich hoffe, ich konnte eure Neugier wecken 🙂 In zwei Wochen gibt es den nächsten Zitate-Freitag – dann stelle ich euch 9 weitere Kurzgeschichten vor, die in der Anthologie einen festen Platz bekommen haben.

Liebe Grüße,
Juliane

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