[MANGA] Der Mann meines Bruders von Gengoroh Tagame


Autor: Gengoroh Tagame
Taschenbuch: 180 Seiten
ISBN: 978-3551760128
Preis: 10,00 EUR (Taschenbuch)
Bestellen: Amazon

Story:
Das Leben des alleinerziehenden Yaichi besteht vorwiegend aus Hausarbeit, der Arbeit als Immobilienverwalter und des Großziehens seiner kleinen Tochter Kana. Das ändert sich, als eines Tages er Kanadier Mike vor seiner Tür steht – der Mann seines verstorbenen Zwillingsbruders Ryoji. Mike möchte das Land und die Familie seiner großen Liebe kennenlernen. Nach anfänglicher Skepsis nimmt Yaichi seinen Schwager bei sich auf, unsicher, wie er mit der Situation umgehen soll und wie er Kana erklären soll, dass ihr Onkel schwul war und nach Kanada geflohen ist, um sein eigenes Leben zu leben …

Eigene Meinung:
Mit dem vielfach ausgezeichneten Bara Manga „Der Mann meines Bruders“ legt Carlsen erstmals eine Reihe der offen schwulen Künstlers Gengoroh Tagame vor. Frühere, teils explizitere Werke des Mangaka erschienen beim Bruno Gmünder Verlags in englischer Sprache und bestechen durch sehr maskuline Figuren und einem hohen Maß an BDSM-Erotik. Mit „Der Mann meines Bruders“ beschreitet der Künstler erstmals andere Wege und legt eine All Age Mangareihe vor, die sich an das breite Publikum richtet und Homosexualität realistisch darstellen will. Dabei greift er Vorurteile und Klischees auf, zeigt aber auch auf realistische Weise, wie das Leben von Homosexuellen im Westen aussieht.

Eine wirklich spannende, actionreiche Geschichte kann man entsprechend des Themas nicht erwarten, denn die Handlung konzentriert sich komplett auf die Figurenkonstallation und den daraus entstehenden Problemen. Der ruhige homosexuelle Mike, der in die Heimat seines Mannes reist, um dessen unerwarteten Tod zu verarbeiten und Ryojis Zwillingsbruder kennen zu lernen; der neutrale Yaichi, dem es schwerfällt, den riesigen Mike bei sich willkommen zu heißen und der sich mit seiner Vergangenheit und seinen Vorurteilen gegenüber Homosexuellen auseinandersetzen muss; und die quirlige Kana, die in ihrer kindlichen Naivität keine Probleme damit hat, dass Mike der Mann ihres Onkels hat und diesen überschwänglich willkommen heißt. Sie ist oftmals das treibende Element, da sie offen Fragen stellt ohne sich darüber Gedanken zu machen, ob dies gesellschaftlich in Ordnung ist – was ihrem prüden Vater zumeist weniger gefällt. Er steht sinnbildlich für die größte Gruppe der japanischen Bevölkerung: der skeptisch neutralen, die nur wenig über das Thema wissen und sich vorwiegend auf Vorurteile stützen, ohne bewerten zu wollen. Mike wiederrum ist geduldig und gibt bereitwillig Auskunft über das Leben in Kanada und die Hintergründe zu seinem Leben mit Ryoji. Dabei erhält der (Japanische) Mangaleser erstmals ein realistisches Bild auf das schwule Leben, denn die romantisierten Darstellungen im Boys Love Genre entsprechen selten der Wirklichkeit.

Die Figuren sind, wie bereits beschrieben sehr realistisch und gut nachvollziehbar. Man kann sich sowohl mit Mike, als auch mit Yaichi oder Kana identifizieren und versteht ihre Handlungen. Da der Manga aus Yaichis Sicht erzählt wird (nur einmal wechselt die Geschichte zu Kana), erfährt man über den alleinerziehenden Vater am meisten, insbesondere wenn es um seine Vergangenheit und die Erinnerungen an seinen Bruder geht. Dabei bleibt Mike ein wenig blass, doch vielleicht bekommt er in den Folgebänden eine stärkere Stimme.

Stilistisch hebt sich Gengoroh Tagame stark von den typischen Boys Love Mangas ab, da er im Bara-Stil zuhause ist, der für große, breite und muskulöse Männer steht, oftmals mit Bauchansatz versehen. Diese Bears zeichnen Mangas des Genres aus und der Künstler macht dabei keine Ausnahme – insbesondere in der Darstellung von Mike, der überhaupt nicht dem typischen Mangaklischee des gut aussehenden Tops entspricht. Das ist auch gut so, denn der Künstler will eine realistische Geschichte erzählen, in der authentische Figuren vorkommen und alltägliche Situationen gezeigt werden. Im Gegensatz zu seinen üblichen Werken verzichtet Gengoroh Tagame natürlich auch gänzlich auf Erotik – man kann davon ausgehen, dass die Geschichte auch nie in diese Richtung gehen wird, denn „Der Mann meines Bruders“ will keine Beziehungsgeschichte erzählen, sondern über das queere Leben informieren.

Fazit:
„Der Mann meines Bruders“ ist ein gelungener Manga für jede Altersklasse, der durch eine spannende Ausgangssituation, sympathische, authentische Charaktere und eine sehr ruhige, unspektakuläre Handlung besticht. Gengoroh Tagame transportiert das Thema geleichgeschlechtliche Liebe und Partnerschaft mit Leichtigkeit und Humor, ohne den moralischen Zeigefinger zu erheben. Zu empfehlen.

 

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