Autor*in: C. J. Tudor
Übersetzer*in: Marcus Ingendaay
Sprecher*in: Martina Treger
Taschenbuch: 480 Seiten
Hörbuch: 15 Stunden, 40 Minuten
ISBN: 978-3442206513
Preis: 9,99 EUR (eBook) / 16,00 EUR (Taschenbuch)
Bestellen: Amazon
Story:
Ein Teenager wird in Deadhart, einer Kleinstadt in Alaska, tot aufgefunden, keinen Tropfen Blut im Körper. Für die Bewohner steht fest, dass der Schuldige in der nahegelegene Vampirkolonie zu finden ist und beantragt eine Keulung, was bedeute, dass sämtliche Vampire auf Geheiß der Regierung getötet werden. Zur weiteren Untersuchung wird Detective Barbara Atkins in die Stadt geschickt, um die Polizei bei ihren Ermittlungen zu unterstützen. Ihre Arbeit wird massiv erschwert, da die Menschen lügen und mit der Zeit immer aggressiver werden. Bald wird deutlich, dass mehr hinter den Ereignissen steckt und die Stadt selbst viele dunkle Geheimnisse und Monster hat …
Eigene Meinung:
Der Thriller „Die Kolonie“ von C. J. Tudor kam erstmals im April 2024 unter dem Titel „The Gathering“ auf den englischsprachigen Markt, im Januar 2025 erschien das Buch im Goldmann Verlag. Die Geschichte um die lesbische Ermittlerin Barbara Atkins ist in sich abgeschlossen, bietet jedoch Stoff für weitere Geschichten, da das Ende die Möglichkeiten einer Fortsetzung offenlässt.
Die Autorin entführt ihre Leser*innen in eine Welt, in der Vampire an der Seite des Menschen leben, allerdings nicht dieselben Rechte haben. Sie werden systematisch benachteiligt, ausgegrenzt und der Rassismus gegen sie ist allgegenwärtig. Zwar werden sie von der Regierung geschützt und ihre Kolonien dürfen nicht ohne Grund angegriffen und die dort lebenden Vampire erschlagen werden, doch gerade im ländlichen Raum gibt es kaum Schutz. So ist auch in Deadhart klar, wer für den Mord an dem Teenager verantwortlich ist, und Barbara hat es schwer vernünftige Ermittlungen anzustellen und die Wahrheit herauszufinden. Unterstützung erhält sie lediglich von dem Einsiedler Tucker, ehemaliger Detective, der vor 25 Jahren einen ähnlichen Mordfall an einem Jugendlichen bearbeitet hat.
C. J. Tudor entführt in eine düstere, kalte Welt, in der die Vampire zwar monströs und gefährlich sein können, die eigentliche Gefahr aber von den Menschen ausgeht, die in den Vampiren Geschöpfe des Teufels sehen, die es auszulöschen gilt. Dabei kombiniert sie einen klassischen Kriminalfall mit den zugehörigen Ermittlungen mit dem ein oder anderen unheimlichen Element und einer Prise Horror. Auch die ein oder andere überraschende Wendung wird mit eingebaut; einige Elemente und Handlungsbögen bekommen erst am Ende ihren Sinn. C. J. Tudor weiß auf jeden Fall, wie man spannende, atmosphärische Thriller zu Papier bringt und den Lesenden bei der Stange hält.
Die Figuren sind sehr realistisch und alles andere als die üblichen Held*innen – Barbara Atkins hat die 50 bereits überschritten, ist eher korpulent und hat mit dem ein oder anderen Problem zu kämpfen. So ist sie weder sportlich noch sonderlich aktiv, was sie jedoch mit einem scharfen Verstand und trockenem Humor wettmacht. Das sie lesbisch ist, kommt immer mal wieder zur Sprache, spielt jedoch keine größere Rolle. Ihr Gegenpart ist Tucker der spät in den Fall einsteigt und mit seiner ruhigen, brummigen Art perfekt zu Barbara passt. Er hat Kontakte zur Kolonie, weiß um die Ereignisse vor 25 Jahren und hat einen gänzlich anderen Blick auf die aktuellen Geschehnisse.
Die übrigen Figuren sind mal mehr mal weniger gut ausgearbeitet, haben alle ihre Geheimnisse und sind daher teilweise stärker in die Ereignisse eingebunden. Nach und nach erfährt man mehr über sie, ihre Beziehungen zueinander und welche Probleme sie, abgesehen der Vampirkolonie, herumtreiben.
Stilistisch legt die Autorin einen gut geschriebenen, fesselnden Thriller vor der durch tolle, sehr visuelle Beschreibungen, eine kalte, düstere Atmosphäre und viele Wendungen besticht. Man ist immer hautnah bei Barbara, die versucht der Wahrheit auf die Spur zu kommen, mit dem Hass und Zorn der Einwohner Deadharts konfrontiert wird und in deren Vergangenheit man eintaucht. C. J. Tudor weiß wie man spannende Thriller erzählt und dafür sorgt, dass man das Buch nicht aus der Hand legt.
Auch die Sprecherin Martina Treger macht einen guten Job. Sie hat eine sehr trockene, fast schon kühle Art die Geschichte zu erzählen, was sehr gut zum Buch und den Figuren passt. Sie liest sehr betont und ohne Hast, wodurch man ein wenig Abstand zur Geschichte und den Figuren erhält, jedoch ohne den Bezug zum Buch zu verlieren.
Fazit:
„Die Kolonie“ ist ein atmosphärischer Thriller, der perfekt in die heutige Zeit passt, hat er doch auf kreative Art die Diskriminierung von Minderheiten zum Thema, ohne die üblichen Gruppen in den Fokus zu rücken. Stattdessen entführt C. J. Tudor in eine alternative Realität, in der Vampire existieren und die Rolle der verhassten Minderheit einnehmen, die von den meisten Menschen gehasst und gejagt werden. Das Buch besticht durch eine spannende Handlung voller unerwarteter Wendungen, interessanten, ungewöhnlichen Figuren und einem fesselnden, visuellen Schreibstil. Wer ungewöhnliche Thriller mag, sollte auf jeden Fall einen Blick riskieren – egal ob als Buch oder als Hörbuch. Letzteres kann dank der Sprecherin Martina Treger ebenfalls überzeugen und ist auf jeden Fall zu empfehlen.