Autor*in: Meng Xi Shi
Übersetzer*in: Babsi Scharz
Hardcover: 416 Seiten
ISBN: 978-3426563687
Preis: 9,99 EUR (eBook) / 24,00 EUR (Hardcover)
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Story:
Der Schulleiter der daoistischen Xuandu-Schule Shen Qiao lebt zurückgezogen, ist bescheiden, gütig und glaubt an das Gute im Menschen. Als er den Kampf gegen einen Kontrahenten verliert, büßt er nicht nur seine Sehkraft ein, er verliert auch einen Großteil seiner Kräfte. Mehr tot als lebendig wird er von Yan Wushi gefunden, dem Leiter der dämonischen Huanyue-Schule, der das komplette Gegenteil von Shen Qiao ist – zynisch, narzisstisch und stets auf seinen Vorteil bedacht. Er beschließt sich um den Verletzten zu kümmern, teils aus Langeweile, teils um zu schauen, ob Shen Qiao wirklich seinem tugendhaften Pfad treu bleiben kann, wenn er gänzlich am Boden ist …
Eigene Meinung:
Mit dem aufwendig gestalteten Hardcover zu „Tiefer Fall“ erschien im Frühjahr 2025 der erste Band der 5-teiligen Danmei-Wuxia-Rehe von Meng Xi Shi, was bedeutet, dass es sich um eine fiktive, historische Geschichte mit fantastischen Elementen handelt, in der der Fokus auf der sich entwickelnden Beziehung zwischen zwei Männern liegt. Das Buch erschien bei Bramble Books und enthält neben einem Farbschnitt auch mehrere passende Illustrationen. Die weiteren Bände sind bereits erschienen, der Abschlussband der Reihe wird im Dezember 2025 auf den Markt kommen.
Die Geschichte spielt im historischen China und entführt Leser*innen in eine Welt, in der die Kultivierung der eigenen Fähigkeiten hoch angesehen wird, es viele historische Anleihen gibt und sich die Helden diversen politischen Intrigen stellen dürfen. Shen Qiao ist hierbei eher ein wenig weltfremd, hat nur wenig Berührungspunkte mit politischen und weltlichen Dingen und glaubt beständig an das Gute im Menschen, was dem entspricht, was der Begründer der Xuandu-Schule als Grundlagen eingeführt hat. Im Gegenzug dazu in Yan Wushi bodenständiger, aber auch überheblicher und ein Verfechter eines Weges, der weniger auf das Wohl anderer bedacht ist. Das Schicksal führt diese beiden ungleichen Männer zusammen, und für Shen Qiao beginnt eine schwierige Zeit, denn Yan Wushi spielt sein eigenes Spiel, getrieben von Langeweile und Neugier.
Es braucht ein wenig Zeit, um in die Welt des historischen Chinas einzutauchen und sich einen Überblick zu verschaffen, was die Charaktere, deren Hintergründe und die politische Situation des Landes betrifft. Gerade Leser*innen, die bisher wenig Berührungspunkte mit dem Genre Danmei und/oder Wuxia hatten, fällt es schwer, die vielen Begrifflichkeiten und Namen zu verinnerlichen und der Geschichte zu folgen. Zwar gibt es viele Fußnoten, Erläuterungen, ein Namensverzeichnis und sogar einen historischen Überblick am Ende des Buches – nichtsdestotrotz dauert es, bis man den Geschehnissen folgen kann. Meng Xi Shi gelingt es dennoch nicht immer, die Ereignisse nachvollziehbar und beständig zu schildern – oftmals springt sie in den Ereignissen und fasst unwichtigere Szenen, in denen wenig passiert und die mehr als Überleitung dienen, grob zusammen. Dadurch wirkt die Geschichte an einigen Stellen gehetzt und man verliert den roten Faden. Auch mangelt es an Beschreibungen der Szenerie und Umgebung, so dass man sich teilweise die Handlungsorte nur schwer vorstellen kann. Dafür sind die Kampfszenen, die sich mit der Zeit häufen, sehr episch beschrieben und zeigen deutlich, wie mächtig die Hauptfiguren wirklich sind.
Die Figuren sind grundverschieden und haben ihre eigene Doktrin, der sie folgen. Daraus ergeben sich zwangsläufig Spannungen, die im ersten Band teilweise beleuchtet werden, jedoch erst in den Folgebänden vertieft werden dürften. Sowohl Yan Wushi als auch Shen Qiao sind gut ausgearbeitet, bleiben die meiste Zeit jedoch ein wenig ungreifbar. Auch die übrigen Charaktere bleiben den Lesenden fern, ihre Beweggründe sind nur teilweise nachvollziehbar. Es fällt schwer, festzustellen, wer im weiteren Verlauf eine wichtige Rolle spielt und wer nur kurz auftaucht, um die Handlung voranzutreiben.
Stilistisch ist „Thousand Autumns – Tiefer Fall“ allein schon wegen der auktorialen Erzählweise eine Herausforderung, da es auf dem deutschen Markt nur wenige Bücher gibt, die in dem Stil verfasst sind. Durch den allwissenden Erzähler erhält man einen guten Überblick über die Geschichte und die Situation, bleibt den Figuren aber ein wenig fern und kann sich nur schwer mit ihnen identifizieren. Auch die Beschreibungen der Umgebung sind ein wenig holprig und sorgen dafür, dass man sich die Welt nur schwer vorstellen kann. Lediglich die Kampfszenen und die meisten Dialoge können überzeugen und bieten die einzige Möglichkeit den Geschehnissen zu folgen. Wenn man sich darauf einlassen kann, bietet Meng Xi Shi einen soliden, fantastischen Roman, der viele Anleihen an historische Ereignisse nimmt und in der sogar real existierende Personen eine Rolle spielen.
Fazit:
Mit „Tiefer Fall“ erschien im Frühjahr 2025 der erste Band der Reihe „Thousand Autumns“ der chinesischen Autorin Meng Xi Shi in Deutschland. Der Buch besticht durch eine interessante, ungewöhnliche Geschichte, die im historischen China angesiedelt ist und in die neben den klassischen Boys Love Elementen auch die fantastischen Einflüsse den Wuxia-Genres enthält. Die Figuren sind gut gezeichnet, bleiben den Lesenden jedoch etwas fern, was vor allem an der auktorialen Erzählweise liegt. Wen das nicht stört und wer sich die Zeit nimmt, in eine Welt voll politischer Intrigen und brisanter Kämpfe einzutauchen, bekommt einen schönen Reihenauftakt, der durchaus Lus auf mehr macht. Man muss jedoch offen für eine grundsätzlich andere Art des Erzählens von Geschichten sein, um den Roman wirklich genießen zu können.